Seit seiner Domestizierung im 3. Jahrtausend v. Chr. ist das Pferd mit der Symbolik von militärischer Macht verbunden. Auch heute noch erscheint das Pferd in der Öffentlichkeit oft in Verbindung mit Militär und Polizei - auch im Pferdesport. Die Historikerin Dr. Nele Maya Fahnenbruck von der Universität Hamburg hat zum Pferdesport im Nationalsozialismus geforscht. Sie hat sich dabei vor allem den Fragen gewidmet, welche Bedeutung Pferde für die Nationalsozialisten hatten. Welche Rolle spielte dabei der Rassediskurs? Wer waren die bestimmenden Akteure und was wurde nach 1945 aus ihnen?
"Uniformierte Männer gehörten zur Selbstverständlichkeit des Pferdesportes"
L.I.S.A.: Frau Dr. Fahnenbruck, Sie beschäftigen sich mit der Geschichte des Pferdesports und haben darüber zuletzt einen Aufsatz im Band „Die Spiele gehen weiter“ veröffentlicht, in dem es um Sportgeschichte geht. Bis heute ist der Pferdesport, insbesondere das Military Reiten und die Dressur, mit militärischer bzw. polizeilicher Symbolik verbunden. Woran liegt das?
Dr. Fahnenbruck: Zunächst muss festgehalten werden, dass Renn- und Reitsport von jeher Domänen des Militärs waren: Die Kavallerie und die militärische Reitausbildung der Offiziere begründen also maßgeblich die militärische Symbolik im Pferdesport. 1816 wurde in Berlin die preußische „Militär-Reit-Anstalt“ gegründet. Die von ihr herausgegebene „Instruction zum Reit-Unterricht für die Königlich Preußische Kavallerie“ als Ausbildungsanweisung für die militärische Reitausbildung wirkte grundlegend auch für die nichtmilitärische Reitausbildung. Die uniformierten Körper im Militär waren im Kaiserreich Teil einer politischen Mobilisierungsstrategie. Uniform zu tragen wurde befohlen, entsprechend militärisch geprägt war die sich aus Elite, Militär, Adel und Großbürgertum zusammensetzende Gesellschaft bei Pferdesportveranstaltungen. Uniformierte Männer gehörten zur Selbstverständlichkeit des Pferdesportes – sie lieferten Idealbilder für Männlichkeit und Ordnung, visualisierten Patriotismus und Disziplin ebenso wie Macht, und repräsentierten gleichzeitig eine gewisse Normalität.
Ein weiterer Grund für die militärische Prägung im Pferdesport ist die Verwandtschaft zur Jagd als traditionell adliges Freizeitvergnügen, die eine Möglichkeit zur gesellschaftlichen Repräsentation und Kommunikation bot. Als Jagden und Jagdrennen – beides hat das heutige Military Reiten stark beeinflusst – in Deutschland in Mode kamen, waren es (ehemalige) Kavallerie-Offiziere, die sich für ihre Etablierung einsetzten und die dem Pferdesport seine militärische Gestalt verliehen. Jagen und im Gelände zu Reiten hatte in der militärischen Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert eingenommen – auch deshalb, weil die Bedeutung des Einzelreiters im Heer infolge moderner Feuerwaffen gewachsen war.
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Kommentar
1) "Rassereinheit" bei den Nazis als ideologisches Ziel der Pferdezucht: "Ungeeignete oder kranke Tiere sollten ausgemerzt, das Blut sollte „reingehalten“ werden. ....Auserlesenheit durch Leistungsselektion." Das hat nichts mit Nazis zu tun, sondern ist heute noch genauso und das ist gut so. Zuchtziele waren und bleiben Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Die Zuchtbetriebe damals, traditionsreiche Zuchtbetriebe, die lange vor der Nazizeit bestanden, ließen aktiv auch z. B. Arabisches Zuchtblut mit einfließen. Von "Rassereinheit" zu sprechen ist einfach falsch.
2) "Military" hieß die Vielseitigkeit nur bis zum Jahr 2000. Die Länge des Geländeritts, z. B., ist heute mit unter 10km nicht mit dem ursprünglichen Ritt von 55km zu vergleichen. Da fehlen doch die Nuancen im Artikel.
3) Die Nazis bedienten sich einer bereits bestehenden Eliteschule der hohen Reiterei, die Kavallerieschule Hannover. Die Nazis waren "Trittbrettfahrer" und hatten selbst hier nicht viel beizutragen. Berittene Offiziere wurden einfach in neue Uniformen gesteckt. Wenn ein Reiter damals weiterhin reiten wollte und nicht seine gesamte Karriere aufgeben wollte, musste er diese neue Uniform anziehen.
4) "Das Militärpferd sollte vor allem robust und kräftig sein, „energisch“ und lange Wegstrecken durchhalten können. Darin erkennt man zugleich die vielen Analogien zur SS-Ideologie..." Hmmm... Das Zuchtziel machte für eine neue Kriegsführung mit Pferd Sinn. Das Pferd wurde nicht länger für Nahkampfsituationen gebraucht (siehe französische oder spanische Schule).
FAZIT: So politisch inkorrekt und unangenehm das auch sein mag, wir haben auch dieser Zeit in der Militärgeschichte Deutschlands einiges zu verdanken: Ein Reitsystem, dass heute weltweit als führend angesehen wird; Pferde, die als legendär gelten; mehrere olympische Goldmedaillen und Spitzenleistungen; eine Richtlinie für das Reiten (inkl. Skala der Ausbildung), die international heute noch gilt; usw...
Ich hatte mich ursprünglich für das Buch interessiert, frage mich jedoch nun, ob der Rest des Buches genauso verallgemeinernd und flach gehalten ist.