Die antike Stadt Theben und ihre am westlichen Nilufer befindlichen Nekropolen sind heute ein bedeutendes UNESCO-Weltkulturerbe. Auf dem riesigen Areal westlich und östlich des Nils sind hunderte mehr oder weniger reich ausgestattete Grabanlagen und Tempel erhalten. Neben den bekannten und berühmten Kulturdenkmälern, wie die Gräber der Pharaonen im Tal der Könige und die Tempel von Luxor und Karnak, sind viele von ihnen noch gänzlich unerforscht und bergen ihre Geheimnisse und Zeugnisse der altägyptischen Kultur. Insbesondere die Grabanlagen der Privatgräber faszinieren mit detailreichen Darstellungen des altägyptischen Alltags in Wandmalereien und Reliefen. Auch finden sich zahlreiche Zeugnisse für die wechselhafte Geschichte der Grabkammern mit Usurpation, nicht systemischer Nutzung durch Bewohnung, Tourismus und den damit einhergehenden Schädigungsprozessen. Mit der technologischen Erforschung und Konservierung dieses wertvollen Kulturgutes sind Restauratoren internationaler archäologischer Missionen im Auftrag der ägyptischen Antikenverwaltung betraut. Die Forschungsteams der verschiedenen Nationen agieren völlig unabhängig voneinander.
CTT - Konservierung thebanischer Tempel und Gräber
Nachbericht zum internationalen Symposium am 11. Februar 2016 in Luxor
Die Arbeitsbedingungen in Ägypten und der konservatorische Umgang mit der altägyptischen Kunst erfordern aufgrund der speziellen klimatischen, materialtechnischen und auch logistischen Situation von den meist europäischen oder nordamerikanischen Restauratoren ein Umdenken bzw. eine Modifikation der gewohnten Prozesse. Die hierzu notwendigen Recherchen und Konzeptentwicklungen könnten wesentlich effizienter und zielgerichteter durchgeführt werden, würden wichtige fachspezifische Informationen leicht zugänglich und komprimiert schon im Vorfeld geplanter Restaurierungsmaßnahmen vorliegen. Oftmals bearbeiten die Fachleute ähnliche historische Materialien mit vergleichbaren Schädigungen. Eine Kommunikation von Erfahrungswerten ist unbedingt notwendig und mehr als überfällig. Zudem wäre die Entwicklung eines übergreifenden Erhaltungskonzeptes für die gesamte Weltkulturerbestätte Theben sinnvoll und wünschenswert.
Der Fokus des von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projektes: CTT - Conservation of Theben Temples and Tombs. Research Results online ist auf den direkten wissenschaftlichen Austausch der in den internationalen Konservierungsprojekten in Theben tätigen Restauratoren gerichtet. Auf der Internetplattform CTT können sich die Restauratoren registrieren lassen und haben dann die Möglichkeit, Informationen zu ihrem Konservierungsprojekt in Text und Bild ins Netz zu stellen oder sich mit fachspezifischen Fragestellungen an die Conservation-Community zu wenden. Für einen ersten wissenschaftlichen und persönlichen Austausch der Restauratoren untereinander wurde Mitte Februar ein Symposium im Mummification Museum in Luxor veranstaltet. Bei dem Symposium CTT – Conservation of Theban Temples and Tombs konnten ausgewählte Projekte ihre restauratorische Tätigkeit präsentieren.
Nach der Begrüßungsrede durch Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke (Gerda Henkel Stiftung) berichtete die deutschen Restauratorinnen Susanne Brinkmann und Christina Verbeek der argentinischen Mission (University of Buenos Aires) von den Forschungsergebnissen zur Laserreinigung an Wandmalereien in der Grabkammer des Neferhotep (TT49). Im Rahmen dieses von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projektes konnten bis zur Unkenntlichkeit mit Ruß bedeckte altägyptische Wandmalereien mit Hilfe von Laserstrahlen wieder sichtbar gemacht werden. Die Laserreinigung birgt im Gegensatz zu konventionellen Reinigungsmethoden die Möglichkeit, völlig berührungslos und ohne Lösemitteleintrag auf die fragilen Oberflächen einzuwirken. Das u.a. auch im Rahmen von L.I.S.A.video dargestellte und für die ägyptische Wandmalerei bislang völlig unerprobte Verfahren zur Entfernung von durch Mumienverbrennung entstandener Verrußung auf den Malereien in der Grabkammer TT49 stieß beim Publikum auf großes Interesse, da dieses Problem eine Vielzahl der thebanischen Grabkammern betrifft.
Der Restaurator des Getty Instituts Stephen Rickerby sprach im Anschluss über die Konservierung der Wandmalereien im Tal der Königinnen - ein Ensemble, zu dem auch das berühmte Grab der Nefertari mit seinen herausragenden Malereien gehört. Von besonderem Interesse war hier die naturwissenschaftliche Untersuchung der malereitragenden antiken Putze. Ein Thema, das ebenfalls von allgemeingültigem Interesse ist, da die Vorgehensweise der altägyptischen Wandmaler feststehenden Werkverfahren folgte. Durch die Analyse der altägyptischen Putze besteht die Möglichkeit, bei der Restaurierung die historischen Werkverfahren nachzustellen.
Rajmond Gazda, Restaurator aus Polen mit über zwanzig Jahren Berufserfahrung in Ägypten, konzentrierte sich auf die Erläuterung von Steinfestigungsverfahren am Hatshepsut Temple - im hier vorherrschenden ariden Klima kein triviales Thema.
Im Anschlussvortrag wurde mit Hilfe eines Kurzfilmes die Replatzierung von Monumentalblöcken am Tempel von Karnak sehr eindrucksvoll visualisiert. Durch Zeitrafferdarstellung konnte das Bewegen und Anheben tonnenschwerer, dekorierter Steinblöcke nachvollzogen werden.
Pia Rodriguez, Restauratorin der spanischen Grabungsmission, berichtete von der Konservierung von stark geschädigten und fragilen Sarkophagen aus dem Grab TT11. Eine sehr diffizile Aufgabe, die nur durch Entwicklung objektspezifischer Konservierungsmethoden mit sehr viel Geduld gelöst werden kann.
Auf der unmittelbar am Ufer des Nils gelegenen Terrasse des Museums konnten sich die Teilnehmer der Veranstaltung bei einem reichhaltigen Buffet stärken und das beeindruckende Panorama des thebanischen Gebirgsmassivs mit den Gräber- und Tempelanlagen genießen.
Teil zwei des Symposium wurde durch Bianca Madden eröffnet, die das Grab des Sennefer mit seinen Dekorationen sowie deren Konservierung vorstellte. Auch in der Grabkammer des Sennefer galt es Rußverschmutzungen zu entfernen. Die Restauratoren arbeiteten hier erfolgreich mit Reinigungskompressen.
Die ägyptische Restauratorin Khadiga Adam gab eine Übersicht über die Restaurierungsprojekte des American Research Center (ARCE). Khadiga Adams ist im ARCE für die Projektentwicklung zuständig und leitet die „field school“. Angebunden an Restaurierungsprojekte des ARCE werden in der "field school" ägyptische Restauratoren in der Praxis ausgebildet. Neben restauratorischen Methoden werden auch Objektdokumentation und Entwicklung von Materialien vermittelt.
Den Abschlussvortrag hielt stellvertretend für ihr international besetztes Restauratorenteam Dr. Hourig Sourouzian über die Konservierung der Memnonkolosse und die riesige Tempelanlage Amenhotep III. Das großangelegte Projekt arbeitet seit 1998 am Erhalt der Tempelanlage. Neben der archäologischen Erschließung der Gesamtanlage, zu der auch Ausgrabung, Entwässerung und Entsalzung gehört, war auch die spektakuläre Wiederaufrichtung weiterer monumentaler Alabasterskulpturen Teil des Konservierungsprojektes Amenhotep III.
Für weitere, intensive Gespräche unter Fachleuten traf man sich am folgenden Tag in kleinerer Runde. Die online Plattform CTT wurde vorgestellt und erste Beiträge zu restaurierungsspezifischen Themen veröffentlicht. Alle Restauratoren altägyptischer Kunst sind herzlich dazu eingeladen, sich unter www.ctt-lisa.de zu registrieren und an dem fachlichen Austausch teilzunehmen.
Susanne Brinkmann & Christina Verbeek