Die leidenschaftlich geführten Debatten um die Umbenennung von Straßen, Plätzen oder öffentlichen Gebäuden hat in den vergangenen Jahren Formen eines neuen Kulturkampfes angenommen. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die die Erinnerung an bestimmte Personen für unzeitgemäß oder sogar skandalös halten, auf der anderen diejenigen, die sich auf heimatliche Kontinutät berufen und ihren Gegnern das Auslöschen von Geschichte vorwerfen. Exemplarisch dafür war die Auseinandersetzung um Carl Diem. Doch kaum woanders wurde so erbittert um den Namen eines Platzes gerungen wie in Münster. Dort sollte der Hindenburgplatz in Schlossplatz umbenannt werden - was letztlich auch so umgesetzt wurde. Der Kommunikationswissenschaftler Dr. André Donk hat im Nachblick die Rolle der Medien in der sogenannten Hindenburg-Debatte untersucht und darüber einen Aufsatz verfasst. Wir haben ihn dazu interviewt.
"Nun heißt der Parkplatz 'Schlossplatz'"
L.I.S.A.: Herr Dr. Donk, Sie haben in einem Aufsatz die Debatte um das Gedenken an Paul von Hindenburg Revue passieren lassen. Konkret geht es dabei um die Umbenennung des Hindenburgplatzes in Münster. Können Sie uns kurz die Sachlage schildern? Was ist das Problem?
Dr. Donk: Der Hindenburgplatz ist eigentlich nur ein großer Parkplatz im Herzen der Altstadt Münsters. In der Vergangenheit hat es zahlreiche Versuche gegeben, dem Platz mehr Leben – zum Beispiel durch den Neubau einer Konzerthalle – einzuhauchen. Alle diese Versuche sind gescheitert.
Genauso zahlreich und fruchtlos waren die Bemühungen, den wegen seiner Rolle beim Aufstieg des Nationalsozialismus historisch umstrittenen Namenspatron auf dem Müllhaufen der Geschichte zu entsorgen. Erst 2012 vollzieht der Stadtrat auf Empfehlung einer lokalen Historikerkommission die Umbenennung des Hindenburgplatzes in Schlossplatz – mit parteiübergreifender Mehrheit.
Schon die Veröffentlichung des Votums der Historikerkommission hat in der Stadtgesellschaft hohe Wellen geschlagen. Widerstand gegen die Umbenennung formierte sich, konnte diese aber nicht verhindern. Die Gegner der Umbenennung haben dann einen Bürgerentscheid angestrengt, um die Ratsentscheidung aufzuheben, sind aber in der Abstimmung knapp unterlegen. Und nun heißt der Parkplatz „Schlossplatz“.