Seit 2001 gibt es die Wikipedia, heißt es. Aber was ist eigentlich „die Wikipedia“, und wann ist sie entstanden? Im deutschsprachigen Raum, aber auch im Einzugsgebiet anderer großer Sprachen, ist man dazu geneigt, einfach von „der Wikipedia“ zu sprechen. Bei den kleineren oder schwächeren Sprachen jedoch hört oder liest man häufiger, ob die „eigene“ Wikipedia-Sprachversion oder eine andere gemeint ist. Dieser Unterschied rührt unter anderem daher, dass eine große, gereifte Wikipedia-Sprachversion dem Ziel einer Enzyklopädie bereits sehr nahe kommt oder es erreicht hat. Ein Argentinier, Österreicher oder Russe kann meist mit der Wikipedia in seiner Muttersprache genüge nehmen. Ein Schwede, Ungar oder Koreaner muss häufig zu einer fremden Sprachversion ausweichen, wie der englischsprachigen, weil die eigene seinen Wissensdurst nur unzureichend stillt. Der vorliegende Beitrag bemüht sich um eine erste Übersicht, die einige Schneisen in das Dickicht aus Einzelthemen schlägt. Die Wikipedia-Sprachversionen lassen sich in Gruppen einteilen und die Einheit der Wikipedia an der Unterschiedlichkeit ihrer Sprachversionen spiegeln. Aber auch innerhalb einer Sprachversion finden sich Unterschiede, sprachliche, mit denen die Wikipedianer umgehen müssen. Ferner wird eine Sprachversion maßgeblich von ihrer Wikipedia-Gemeinschaft getragen, also von regelmäßig Beteiligten, nicht etwa von zufällig vorbeikommenden Unbekannten. Zusätzlich zu den Gemeinschaften wurden Wikimedia-Organisationen in der physischen Welt gegründet. Wichtig für die Wikipedianer und Wikimedianer sind ferner Kontakte zu Organisationen außerhalb der Bewegung.
Einteilungen
Im Jahr 2014 gab es offiziell 284 Sprachversionen. Erik Zachte von der Wikimedia Foundation relativierte diese Zahl in einem viel beachteten Vortrag allerdings deutlich. So waren 12 dieser Sprachversionen „tot“, in dem Sinne, dass sie nicht mehr bearbeitet werden können, das heißt de facto abgeschaltet wurden. 53 weitere bezeichnete er als Zombies, die man noch bearbeiten kann, die aber nicht mehr bearbeitet werden. 94 Sprachversionen hatten weniger als fünf Bearbeitungen im Monat. Übrig blieben, so Zachte, 125 „in guter oder ausgezeichneter Gesundheit“.[1]
Davon ist die englischsprachige Wikipedia vom 15. Januar 2001 ist die älteste, im März darauf folgte die deutschsprachige. Die Weltsprachen und bedeutenderen Nationalsprachen hatten 2002, spätestens 2003 ihre Sprachversion.[2] Über die Zahl der Artikel einer Wikipedia-Sprachversion und die Beteiligten gibt es gleichfalls offizielle Statistiken, die ebenso einer Interpretation bedürfen.
Der Name Wikipedia ist übrigens von den meisten Sprachversionen übernommen worden, selbst wenn das Wort Enzyklopädie in der betreffenden Sprache nicht auf -pedia endet. Daher heißt es im Deutschen nicht *Wikipädie und in Französischen nicht *Wikipédie. Gerade kleine, sprachbewusste Gemeinschaften haben den Namen ihrer Sprache hingegen oft angepasst. Ein zusätzliches Motiv für die Anpassung dürfte es gewesen sein, wenn die Sprache aus grammatikalischen Gründen bestimmte Endungen verlangt, oder wenn die Sprache ein nichtlateinisches Alphabet verwendet, darum Vikipedija auf Litauisch, Vicipaedia auf Latein, Wikipedio auf Ido und Википедия auf Russisch.
Sprachliche Einteilungen
Auf Meta Wiki, dem Organisationswiki der Wikimedia-Bewegung, gibt es eine Liste der Wikipedias nach Sprachfamilien.[3] In der deutschsprachigen Wikipedia präsentiert Wikipedia:Sprachen zusätzlich „Kleine Wikipedias aus Mitteleuropa“, nach Sprachfamilie sortiert.[4] Dieser historisch-genetische Ansatz ist nicht zwingend, schließlich könnte man ebensogut nach anderen sprachwissenschaftlichen Kriterien wie dem Sprachtypus einordnen. Der Blick auf die sprachliche Verwandtschaft ist aber gut für einen ersten Eindruck. In der genannten Liste wird weiter nach Artikelzahlen aufgelistet.
Die Gruppe der italischen Sprachen, also Latein und die romanischen Sprachen, hat 35 Vertreter und steht damit an der Spitze. 29 Sprachversionen gehören zu den germanischen Sprachen und 20 zu den slawischen. Zusammen mit anderen Gruppen, darunter die indoarische, ist die indogermanische Familie eindeutig die größte. Darin befinden sich die meisten „großen“ Sprachversionen.[5]
Aussagekräftiger sind soziolinguistische Einteilungen, die man vor allem in der Wikimedia-eigenen Diskussion über „schwache“ Sprachen bzw. Sprachversionen findet. So wurde diskutiert, ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Sprachversion in einer „Alten Sprache“ einzurichten. Schließlich seien diese Sprachen ausgestorben und hätten keine Sprachgemeinschaften, die gemeinschaftlich an einer Enzyklopädie schreiben könnten. Ähnlich lehnen manche Wikipedianer zuweilen Sprachversionen in Plansprachen (auch „Kunstsprachen“ genannt) ab. Gemeint sind Sprachen bzw. Sprachprojekte, die definitionsgemäß bewusst für die internationale Kommunikation geschaffen wurden.[6]
Sowohl bei den Alten Sprachen als auch den Plansprachen sollte berücksichtigt werden, ob eine Sprache tatsächlich eine Sprachgemeinschaft hat, die die Sprache als sich weiter entwickelndes Kommunikationsmittel verwendet. Solche Sprachgemeinschaften haben, im wesentlichen, von den Alten Sprachen nur Latein, von den Plansprachen fast nur Esperanto. Diese Wikipedia-Sprachversionen wachsen daher, während beispielsweise die Wikipedia auf Gotisch klein bleibt und fast nur historische Personen und Ereignisse präsentiert. Für „tote“ Sprachen wie Gotisch oder das indische Pali bietet sich vielmehr das Wikipedia-Schwesterprojekt Wikisource an, mit dem man alte Texte bewahren und präsentieren kann.
Eine dritte Gruppe sind Sprachversionen in modernen ethnischen Sprachen, die als „schwach“ bezeichnet werden können. Man findet dazu unter anderem den Ausdruck „lesser resourced“ oder, oft im Kontext der europäischen Institutionen, „lesser used“. Hier sind zwei Untergruppen zu unterscheiden:
- Europäische Minderheitensprachen haben meist relativ wenige Sprecher, die zudem oftmals daneben eine andere Sprache verwenden. Hier sind auch die Dialekte oder Dialektgruppen einzuordnen, die aus historischen Gründen eine Wikipedia-Sprachversion haben.
- Sprachen der Dritten Welt haben eventuell sehr viele Sprecher, und diese Menschen verwenden die betreffende Sprache durchaus im Alltag als die hauptsächliche. Darum trifft der Ausdruck „lesser used“ so nicht zu. Die Sprecher sind aber relativ arm und haben wenig Zugang zu Bildung und zum Internet.
Die Folge ist, dass nur wenige Menschen sich an den betreffenden Sprachversionen beteiligen können – sofern sie daran überhaupt ein Interesse haben. Die Wikipedia-Sprachversion leidet entsprechend unter einem allgemeinen Teufelskreis für diese Sprachen: Da es nur wenige Inhalte gibt, bleibt das Ansehen dieser Sprachen als Bildungssprachen gering. Weil das Ansehen gering ist, fehlt vielen Sprechern das Motiv, etwas daran zu ändern.
Trotz aller Unterschiede haben die „schwachen“ Sprachen aller drei Gruppen mit ähnlichen, grundsätzlichen Problemen zu kämpfen, deren sich Sprecher „großer“ Sprachen oft nicht bewusst sind:
- Gerade in „schwachen“ Sprachen besteht die Literatur vor allem aus Belletristik und weniger aus Sachliteratur, auch Fachbücher fehlen. Es gibt keine enzyklopädische Tradition. Diesen Mangel können Wikipedia-Beteiligungswillige nur bedingt durch fremdsprachliche Literatur ausgleichen.
- Die Sprache ist allgemein nicht sehr ausgebaut oder standardisiert. Viele Sprecher haben ihre Schulausbildung in einer anderen Sprache erlebt.
- Der Fachwortschatz ist nur gering entwickelt oder bei den Rezipienten vorraussetzbar. Hinzu kommen sozio-ökonomische und politische Faktoren in armen Ländern des „Global South“.
- Durch Mängel im Bildungswesen fehlen Allgemeinbildung und Fremdsprachenkenntnisse, Büchereien sind selten.
- Trotz rasanter Fortschritte in der Vernetzung nutzen viele Menschen das Internet ohne Flatrate, so dass sie genau auf die Zeit achten müssen.
- Eine unstabile politische Situation ohne Meinungsfreiheit verunsichert Beteiligungswillige.
- Es bleibt wenig Freizeit nach der Erwerbstätigkeit und Familienbetreuung, und das Ehrenamt steht eventuell in geringem Ansehen.
Zur Verdeutlichung: Ein durchschnittlicher Deutscher, der auf Deutsch schreibt, dürfte im wesentlichen über alle genannten Voraussetzungen verfügen, sich an der Wikipedia zu beteiligen. Anders sieht es aus, wenn er auf Plattdeutsch schreiben möchte. Diese Sprachform hat er nicht in der Schule gelernt. Er ist sich unsicher, wie man einheitlich auf Plattdeutsch schreibt und kennt viele Ausdrücke der gehobenen Bildungssprache nicht. Fachwörterbücher auf Plattdeutsch sind selten oder nicht leicht zugänglich.
Größe
Wohl am häufigsten werden die Wikipedia-Sprachversionen nach der „Größe“ eingeteilt, nach den Artikelzahlen. Diese liefert die offizielle Wikimedia-Statistik[7] von Erik Zachte. Die Artikelzahl scheint ein einfach zu handhabendes Mittel zu sein, um die bedeutenden Sprachversionen von den übrigen zu trennen. Die Frage nach der „Größe“ wird durchaus auch von außen, etwa von Journalisten an die Wikipedianer herangetragen. Für die Öffentlichkeitsarbeit der Wikipedia wiederum ist es nützlich, wenn man auf „Meilensteine“ verweisen kann, das Erreichen von runden Artikelzahlen für eine bestimmte Sprachversion.
Die Statistik hält noch viele weitere Daten bereit, so dürfte die durchschnittliche Länge der Artikel im Zusammenhang mit der „Größe“ nicht weniger bedeutend sein. Allerdings erfährt man genaugenommen nur die durchschnittliche Artikelgröße in Bytes, nicht etwa die Textlänge. So hat der kurze deutschsprachige Artikel „Robin Kenyatta“[8] insgesamt 2466 Zeichen (286 Wörter). Beseitigt man alle Zeichen, die mit nichtinhaltlichen Elementen wie Links, Kategorien und Formatierungen zu tun haben, bleiben davon 1452 Zeichen (227 Wörter) übrig. Nur knapp 60 Prozent der Zeichen tragen also zum eigentlichen Artikeltext bei; das Verhältnis ist bei längeren Artikel günstiger.
Manche Wikipedianer finden es wichtig, dass ihre Sprachversion möglichst viele Artikel hat, nicht so sehr wegen der Verbesserung des Angebots, sondern aus Gründen der Öffentlichkeitsarbeit. Je mehr Artikel, desto höher steht die Sprache auf Ranglisten, desto lobenswerter waren die Anstrengungen der betreffenden Wikipedianer, desto größer erscheint der Prestigegewinn für die entsprechende Sprache.
Im Herbst 2007 kam es zu einer internationalen Diskussion über die Wikipedia auf Volapük. Diese Plansprache ist eine Vorläuferin des Esperanto und hat mittlerweile kaum noch Sprecher. Der Volapük-Wikipedianer Sérgio Meira aus Brasilien hat sich daher gedacht, „etwas Verrücktes“ anzustellen, um die Aufmerksamkeit für Volapük zu erhöhen, wie er zugab.[9] Dazu katapultierte er die Artikelanzahl der Volapük-Wikipedia in wenigen Monaten von einigen tausend auf über hunderttausend. Das erreichte er durch so genannte Bots, Spezialprogramme, die Wikipedianer für eintönige technische Arbeiten einsetzen. Meira erstellte einen Bot, dessen Aufgabe im massenweisen Anlegen von Artikel bestand, und zwar über Geographika wie amerikanische Städte. Die Informationen dazu bezog er aus einer Datenbank. Die Artikel folgten dem gleichen Schema: „[X] ist eine Stadt im County [Y], im Staat [Z], in Amerika.“ Damit Volapük-Unkundigen dies nicht sofort auffällt, erstellte er relativ lange Artikel mit demografischen, ebenfalls in Satzform formulierten Angaben. Ein Beispiel ist etwa der Artikel „Poplar Bluff“[10] über die Kleinstadt dieses Namens in Missouri.
Das Phänomen, dass Wikipedianer solche Artikel massenweise erstellen, kann man als Poplar-Bluff-Syndrom bezeichnen.[11] Andere Ausdrücke in diesem Zusammenhang sind bot articles, geo stubs oder geografische Miniartikel. Zuweilen verwendet man dazu Himmelskörper oder Chemikalien statt oder außer Städten. Grundsätzlich muss man die Angaben der Wikimedia-Statistik mit Vorsicht genießen, weil reine Artikelanzahlen die dahinter stehende Realität[12] unzureichend abbilden.
Am 21. Oktober 2007 hat ein anderer Wikipedianer bei der Wikimedia Foundation beantragt,[13] dass die Wikipedia auf Volapük das Gesamtprojekt störe, um Werbung für Volapük zu machen. Die folgende Diskussion offenbarte, dass das Poplar-Bluff-Syndrom weit verbreitet, geradezu ein popular bluff war. Der Wikipedianer Slomox von der Wikipedia auf Niederdeutsch verteidigte die Wikipedia auf Volapük; er selbst hatte zuvor massenweise solcher Artikel in seiner eigenen Sprachversion erstellt, und ähnlich taten es Wikipedianer in vielen weiteren Wikipedias.
Mit Stichproben aus 53 Sprachversionen wurde 2008 vom Autor versucht[14], wenigstens eine gewisse Vorstellung von der Ausbreitung des Phänomens zu erhalten. In den Wikipedias auf Englisch und Deutsch gab es so gut wie keine Pseudoartikel nach Poplar-Bluff-Art oder anderer Machart, doch in den auf Korsisch und Obersorbisch waren es an die neunzig Prozent. Beispielsweise bei der polnischsprachigen Wikipedia blieben nach Abzug von Pseudoartikeln noch etwa sechzig Prozent der Artikel übrig. Nach Bereinigung der Artikelanzahlen und anhand weiterer Indizien wurde eine Einteilung mit vier Gruppen aufgestellt:
- Große Wikipedias mit (seinerzeit) mindestens richtigen 100.000 Artikeln sind unter anderem die auf Englisch, Deutsch, Chinesisch, Französisch und Niederländisch, die eine große thematische Breite erreichen.
- Mittelgroße Wikipedias mit 10.000 Artikeln und mehr, wie Katalanisch, Esperanto, Dänisch, Arabisch oder Luxemburgisch. Sie zeigen ebenfalls viel Aktivität, wenn auch auf niederigerem Niveau als die großen.
- Kleine Wikipedias hatten damals mindestens 1000 Artikel nach Bereinigung, wie Afrikaans, Niederdeutsch, Ido, Swahili und Bairisch. Bei ihnen ist die Aktivität gering und die Behandlung selbst der großen Wissensthemen fragmentarisch.
- Mikro-Wikipedias wie Scots, Novial, Seeländisch, Tok Pisin und Gotisch mit weniger als 1000 Artikeln wiesen so gut wie keine Aktivität auf.
Zur Veranschaulichung der thematischen Abdeckung: Große Wikipedias hatten damals allesamt eigene Artikel zu den Astronomen Isaac Newton, Christiaan Huygens und Anders Jonas Ångström. Mittelgroße Wikipedias hatten Artikel zu den beiden erstgenannten, aber sehr selten zum wenig bekannten Ångström. Die Hälfte der kleinen Wikipedias behandelten in jeweils eigenen Artikeln Newton, Huygens kam nur selten vor. In den Mikro-Wikipedias fanden sich selbst zu Newton, einem der berühmtesten Naturwissenschaftler der Geschichte, nur sehr selten Artikel.
Unreife und Reife
Schließlich kann man Wikipedias als unreif oder als reif bezeichnen. Die englischsprachige Wikipedia feierte am 15. Januar 2016 ihr fünfzehnjähriges Bestehen, während die Wikipedia auf Seeländisch noch nicht einmal ihren zehnten Geburtstag hatte. Die eine Wikipedia konnte sich also länger entwickeln als die andere. Davon abgesehen hat Englisch als globale Sprache viel mehr Ressourcen hinter sich als die kleine westniederländische Dialektgruppe.
Eine unreife Wikipedia wie die seeländische hat nicht nur wenige Artikel, sondern auch wenige Seiten mit Regeln und Richtlinien. Die Regeln sind sehr allgemein gehalten. Angesichts der kleinen Gruppe von regelmäßigen Mitmachern – allenfalls eine Handvoll – ist die Infrastruktur in jeder Hinsicht rudimentär. So gibt es ferner kaum Hilfe-Seiten, ganz zu schweigen von Lehrmaterialien für Neulinge oder Werbematerialien.
Innerhalb der kleinen Gemeinschaft der Sprachversion sieht man wenig soziale Ausdifferenzierung unter den regelmäßigen Mitmachern. Außer den angemeldeten Benutzern gibt es im Wesentlichen nur noch die Administratoren, wobei der Anteil der Administratoren zuweilen sehr hoch sein kann. Man bedarf keiner allzu langen Erfahrung um Administrator zu werden, da bei einer jungen Sprachversion alle Mitmacher relativ frisch dabei sind, und da es kein großes Regelwerk gibt, mit dem man vertraut sein muss.
Aus Sicht der Mitmacher hat eine unreife Wikipedia einen besonderen Charme, wie in einem Interview mit der Bairisch-Wikipedianerin Libelullia deutlich wird:
„Dass noch viele Weichen zu stellen [sind] und spannende Aufbauarbeit zu leisten ist, scheint für viele attraktiv zu sein. Zudem herrscht dank der relativen Überschaubarkeit ein wesentlich entspannterer und freundlicherer Umgangston gegenüber Neuzugängen. Bei fachlichen Diskussionen zwischen Stammautoren geht es manchmal heiß her, was ich jedoch als Anlass zur Reflektion durchwegs produktiv bewerte. Generell ist der Umgang auf jeden Fall sehr kameradschaftlich, und die Zusammenarbeit der Administratoren aus meiner Sicht sehr angenehm.“[15]
Aus einigen Interviews mit Wikipedianern in kleinen westgermanischen Sprachen und Dialekten kam zum Vorschein, dass sie große Wikipedias wie die deutschsprachige verlassen haben, weil ihnen die unreifen Wikipedias sympathischer erschienen. Hinzu kommt der besondere Bezug zur nationalen oder regionalen Identität. Wer etwas zur enzyklopädischen Arbeit in Minderheitensprachen beiträgt, wähnt sich unabkömmlicher als bei einer großen Sprache. Ob zum Beispiel der Umgang mit Neulingen tatsächlich freundlicher ist, müsste jedoch eigens untersucht werden.
Reife Wikipedias im Gegenzug haben ausführliche, detaillierte Regelwerke, die in langen Diskussionen mit vielen Teilnehmern entstanden sind. Strukturierende Elemente wie das Kategoriensystem entsprechen der großen Anzahl an Artikeln. In der Gemeinschaft einer reifen Sprachversion gibt es größere Status-Unterschiede, mehr „Rollen“: Sichter, Mentoren, Funktionen außerhalb der eigentlichen Wikipedia-Arbeit (zum Beispiel Öffentlichkeitsarbeit). Die Ansprüche etwa an Kandidaten, die Administrator werden wollen, sind stark gestiegen.
Nicht zuletzt verschiebt sich von einer unreifen zu einer reifen Wikipedia ein bestimmter Akzent in Selbstverständnis und Außenwerbung. Der ursprüngliche und noch immer dominierende Tenor in der Wikipedia-Gesamtgemeinschaft stellt die Wikipedia als ein offenes System vor, das „jeden“ zum Mitmachen einlädt. Ein Faltblatt der Wikimedia Deutschland meinte 2008:
„Jeder Leser kann innerhalb von Sekunden zum Mitautor werden, wenn er einen Tippfehler gefunden hat oder eine inhaltliche Lücke füllen möchte. / Um Änderungen vorzunehmen, ist nicht einmal eine Anmeldung erforderlich. Ein Klick auf 'Seite bearbeiten' reicht aus, schon kann man mit seinem eigenen Wissen beitragen. Gute Autoren sind immer willkommen.“
Diese Haltung eignet sich für ein neues Projekt im Aufbau: Nichts ist wichtiger als Menschen dazu zu gewinnen, sich überhaupt zu beteiligen und Inhalte zu erstellen. Eine reife Wikipedia hat allerdings im Laufe der Jahre Erfahrungen gemacht, die auf die Bedeutung anderer Prioritäten verweisen. Je mehr Inhalte es gibt, je größer der Wirkungskreis, desto eher wird man auf seine publizistische Verantwortlichkeit angesprochen. Beispielsweise der Seigenthaler-Fall 2005 führte zu einem stärkeren Bewusstsein für die Nachteile der Wiki-Offenheit: Ein junger Mann hatte als vermeintlichen Scherz in den englischsprachigen Wikipedia-Artikel über den bekannten Journalisten John Seigenthaler geschrieben, dieser sei am Kennedy-Mord beteiligt gewesen.
Auch weil die Presse allgemein die Zuverlässigkeit der Wikipedia in Frage gestellt hatte, betonten die Mitmacher von reifen Wikipedias wie der englisch- und deutschsprachigen die Bedeutung der Qualität und Kontrolle.[16] In der deutschsprachigen wurde sogar ein Sichtungsprozess eingeführt, demzufolge die Bearbeitungen von Neulingen erst öffentlich gemacht werden, wenn erfahrene Wikipedianer nachgeschaut haben, ob nicht etwa offenkundiger Unsinn eingefügt wurde. Für die Artikel zu lebenden Personen gibt es besonders strenge Richtlinien, die Zurückhaltung und die genaue Nachprüfbarkeit von Behauptungen einfordern.[17]
Mit dem Anwachsen der Regelwerke steigen die Hürden für Neulinge immens. Zusätzlich haben die erfahrenen Wikipedianer in reifen Wikipedias nicht mehr unbedingt das Bewusstsein dafür, auf den Zustrom von Neulingen angewiesen zu sein. Die Erfahrenen mögen auch deshalb gereizter auf unangemessene Bearbeitungen von Neulingen reagieren, weil gerade reife und viel gelesene Wikipedias „Spinner, Spammer und Selbstdarsteller“[18] anziehen.
Einheit der Regeln
An der Wiege der Wikipedia mag eine gewisse Anarchie gestanden haben, und es haben sich noch einige Elemente des Anarchischen im Sinne des Ellenbogenrechts erhalten. Trotzdem haben die Wikipedianer in ihren Sprachversionen zahlreiche Regeln und Richtlinien aufgestellt, die im Großen und Ganzen auch gelebt werden. Bei der deutschsprachigen Wikipedia würde das Ausdrucken aller Regel-Seiten sicherlich einige tausend Seiten ausmachen. Es handelt sich übrigens nicht um einen durchdachten Kodex, da die Regeln organisch gewachsen sind.
Die Wikimedia Foundation hat den Sprachversionen stets große Autonomie gewährt. Das lässt Raum für eine Auseinanderentwicklung. So gilt die Wikipedia auf Deutsch als eine sehr durchorganisierte und zum Beispiel „exklusionistische“ Sprachversion, das heißt als eine Sprachversion, die die Relevanzhürden für neue Themen bzw. Artikel sehr hoch legt. Manche mögen dies als Eigenheit einer spezifisch deutschen Kultur sehen wollen; Nina Gerlach wiederum hat dafür die plausible Erklärung gefunden, dass in einem frühen Stadium eine Gruppe von einflussreichen Wikipedianern sich für Qualität statt Quantität entschieden hätte.[19]
Hinzuzufügen ist, dass es sich dabei um eine sehr kleine und zufällige Gruppe von Entscheidern gehandelt haben kann. Man sollte entsprechend zurückhaltend sein, etwas mit einer „Nationalkultur“ erklären zu wollen. So waren niederländische Wikimedianer erstaunt zu hören, dass die Software-Anweisungen der deutschsprachigen Wikipedia den Benutzer duzen, denn in der niederländischsprachigen Wikipedia wird der Benutzer von den Software-Anweisungen gesiezt. Von den allgemeinen Gepflogenheiten in den Ländern her würde man das Umgekehrte erwarten. Die Wikipedia auf Englisch hat als erste Sprachversion naturgemäß alle späteren beeinflusst. So haben die ersten deutschsprachigen Wikipedianer ihre „Wiki-Sozialisation“ auf Englisch erlebt. Später haben eventuell niederdeutsche Wikipedianer, die in der Wikipedia auf Deutsch sozialisiert wurden, ihre Erfahrungen für den Aufbau der Wikipedia auf Niederdeutsch genutzt. Die Frage der Grundprinzipien lässt sich als Einstieg für die Frage der weltweiten Einheit von Regeln verwenden.
Grundprinzipien
Die Wikipedias auf Englisch, Deutsch, Niederländisch, Afrikaans und Friesisch repräsentieren unterschiedliche Größenordnungen und mögen sich daher für einen Vergleich eignen. Ein Vergleich der Grundprinzipien bringt manches in Bezug auf die Einheit zutage. Nur drei dieser fünf Sprachversionen haben eine Seite mit Grundprinzipien, im Englischen heißen sie Five Pillars, im Deutschen Grundprinzipien und im Niederländischen vijf zuilen (also Säulen, vergleichbar dem englischen pillar). Die Wikipedia auf Englisch nennt als fünf Säulen, dass die Wikipedia
- eine Enzyklopädie ist,
- neutral sein soll (NPOV, neutral point of view),
- freie Inhalte präsentiert („that anyone can edit“),
- dass Friedfertigkeit und Höflichkeit herrschen sollen (Wikiquette),
- dass die Wikipedia keine festen Regeln habe.
Diese Seite Wikipedia:Five Pillars stammt aus dem Jahre 2005; Fünfzahl und Inhalte sind seitdem unverändert.[20]
Älter aber ist die Seite Wikipedia:Policies and Guidelines, vom November 2001. Larry Sanger hatte damals nur drei „essential characteristics“ notiert: Erstens Enzyklopädie, zweitens „essentially a Wiki“, und drittens „open content“ (Freie Inhalte). Danach folgen einige „policies“, Regeln oder Richtlinien. 2002 hat Lee Daniel Crocker daraus eine besser strukturierte Liste von erst sechs „policies“ gemacht, die später zu fünf wurden.[21] Der fünfte Punkt jedoch war selbst eine Liste mit „conventions“ wie „editing policy“ und „naming conventions“. Später hat man Punkt Fünf fallengelassen, und 2006 und 2007 wurden weitere Punkte hinzugefügt. Am 7. Oktober 2007 waren es sechs.[22] Später wurde es eine detaillierte Übersichtsseite, die Grundprinzipien überließ man der mittlerweile entstandenen Seite mit den Five Pillars.
So unumstößlich ist die Fünfzahl also zunächst nicht gewesen, und die Entwicklungen auf Deutsch und Niederländisch widerspiegeln dies. Auf Deutsch spricht man nämlich nur von vier „zentralen und im Kern unveränderlichen Grundsätze[n] der Wikipedia“, Enzyklopädie, NPOV, Freie Inhalte und Wikiquette.[23] Ursprünglich hatte diese Seite Wikipedia:Grundprinzipien noch keine Liste, sondern allgemeine Empfehlungen. Am 27. Mai 2003 kam dann nach englischem Vorbild die Liste mit fünf Punkten zustande, wobei der fünfte Punkt auf mehrere weitere Regeln verwies.[24] Wikipedia:Richtlinien ist die Entsprechung zu Wikipedia:Policies and Guidelines und hat sich ebenfalls zu einer Übersichtsseite entwickelt.
In der Wikipedia auf Niederländisch gibt es die beiden Seiten Wikipedia:Vijf Zuilen und Wikipedia:Toch een paar regels. Die erste ist eine Kopie der englischsprachigen Seite mit den Five Pillars, vom 5. Oktober 2006: Enzyklopädie, NPOV, Freie Inhalte, Wikiquette, keine festen Regeln. Die Seite Wikipedia:Toch een paar regels hingegen ist ohne Interwiki-Link zu einer englischsprachigen Seite und nennt als „gulden regels“ (goldene Regeln) fünf teilweise abweichende Regeln.[25] Sie ist am 20. April 2002 entstanden als Liste von Regeln, über die diskutiert werden sollte. Am 1. September 2003 sind daraus drei „echte regels“ geworden, und dann eine Liste von vorgeschlagenen Regeln. Seit 2004 sind es die erwähnten fünf goldenen Regeln.[26]
Im Afrikaans gibt es seit dem 2. Januar 2004 Wikipedia:Beleid, was etwa mit Politik oder Handhabung zu übersetzen ist. Diese Seite ist ursprünglich mit dem damaligen englischen Text angelegt worden, mit Bitte um Übersetzung ins Afrikaans. Es handelte sich um die erwähnten fünf Regeln, wovon die fünfte eine Reihe weiterer Regeln auflistet. Am 14. Oktober 2004 hat Benutzer Alias daraus eine Afrikaans-sprachige Liste mit den drei verlinkten Elementen Sprachrichtlinien, Übersetzungsrichtlinien und Medienrichtlinien (zum Beispiel mit der Verwendung von Bildern).[27]
Heute listet und verlinkt die Seite eine Reihe von Richtlinien, von denen drei als „kernbeleide“ herausgestellt werden: keine Originalforschung, neutraler Standpunkt, Verifizierbarkeit (Belege). Danach folgen ein Abschnitt mit weiteren Grundprinzipien, „Artikels“ und dann „Tegnies“ (Technisches).[28] Zusätzlich finden sich Regeln auf einer für Anfänger gedachten Seite, Wikipedia:Welkom nuwelinge.[29]
Die Sprachversion auf Friesisch (aus der niederländischen Provinz Frieslân) hat seit dem 31. Juli 2003 eine Seite Wikipedy:Wat is Wikipedia, die seltsamerweise nicht auf der damals aktuellen englischen Seite, sondern auf einer Version vom April 2002 beruht. Sie kürzte die fünf Prinzipien später auf drei gekürzt herunter: Enzyklopädie, „echte Wiki“ (jeder kann bearbeiten) und „rjochtenfrij“, also rechtefrei, womit die Freien Inhalte gemeint sind.[30]
Ferner hat die friesische Sprachversion die Seite Wikipediy:Dochs wat regels, die offenkundig von der niederländischen inspiriert wurde. Dort heißt es, dass man sich nicht zu sehr an den Regel stören solle, das Mitmachen müsse angenehm bleiben. (Diese Aussage erinnert an die Regel Ignoriere Alle Regeln.) Für alle Beiträge gälten vier „F“: Frysk (Friesisch), Feitlik (faktenbasiert), Frij, Objektiyf.[31]
Ob in einer der fünf Wikipedias eine Regel in den Grundprinzipien erwähnt ist oder nicht, scheint ohne Bedeutung zu sein. Sonstige Regeln werden darum nicht etwa weniger respektiert. Der Überblick lässt vermuten, dass die Wikipedias auf denselben Vorstellungen beruhen, unabhängig von einer unterschiedlichen sprachlichen Realisierung.
Relevanzhürden
Wikipedianer Martin Haase sagte am 5. November 2009 im Radioprogramm C-Radar: „Die englische Wikipedia hat sehr laxe Relevanzkriterien, das finde ich auch wirklich gut. Da kann man seine freiwillige Feuerwehr reinbringen, und niemand würde irgendwas sagen.“ Mit den Folgen von Fernsehserien sei es ähnlich: Da müsse er in der englischsprachigen Wikipedia die Handlung nachlesen, wenn er eine Folge von Desperate Housewives verpasst habe, in der deutschsprachigen finde er nämlich keine Artikel zu einzelnen Episoden. „Armes Deutschland.“[32]
Spricht man mit Wikipedianern über den Unterschied zwischen den Wikipedias auf Englisch und Deutsch, mit Bezug auf die Relevanzhürden, so erwähnen sie fast immer die Tatsache, dass die deutschsprachige Wikipedia keine Artikel zu einzelnen Episoden einer Fernsehserien haben wolle, nur zur Fernsehserien selbst. Haase spricht ferner die Tatsache an, dass in der Wikipedia auf Deutsch ein Artikel über eine örtliche Freiwillige Feuerwehr wieder gelöscht wird, da sie üblicherweise nur von lokaler Bedeutung ist. Die Relevanzkriterien fragen nach einer überregionalen Bedeutung eines Vereins.
Die Strenge von Relevanzkriterien könnte damit zu tun haben, ob man in einer jungen, unreifen Wikipedia vor allem die Produktion stimulieren möchte, oder ob in einer reifen Wikipedia die Steigerung der Qualität im Vordergrund steht. Ferner könnten in einer reifen Wikipedia die niedrigen Früchte bereits gepflückt sein und Artikelschreiber darum eher an Grenzen stoßen. Oder liegt es einfach, wie Andrew Lih vermutet, an der deutschen Kultur, die lieber keine als schlechte Artikel sieht, die mit ihrer No-Nonsense-Haltung nicht das angloamerikanische „Geh von guten Absichten aus“ beherzigt?[33] Haben gar die Enttäuschten recht, deren Artikel gelöscht wurde und die daher „Löschnazis“ am Werk sehen?
Doch vor einer weiteren Spekulation sollte man sich fragen, ob denn tatsächlich die Relevanzhürden unterschiedlich hoch liegen. Die englisch- und die deutschsprachige Wikipedia haben neben allgemeinen Richtlinien zur Relevanzfrage eigens Kriterienkataloge zu Einzelthemen. Die Wikipedia auf Niederländisch hat einen solchen Katalog, doch seit der Erstellung der Seite 2005 ist sie mit einem Hinweis versehen, dass über die Seite noch diskutiert werden müsse und sie daher keine offiziellen Regeln beinhalte. Die Sprachversionen auf Afrikaans und Friesisch haben gar keine Kataloge. Wegen der vielen möglichen Themen lassen sich hier nur einige Stichproben vergleichen.
Wenn es um Spielfilme geht, sind die provisorischen Regeln der Wikipedia auf Niederländisch knapp und bündig. Ein Film ist relevant, wenn er im Produktionsland in den Kinos gezeigt wurde bzw. auf DVD erschienen ist.[34] In der Wikipedia auf Deutsch muss der Film im Filmverleih gewesen sein, was auf dasselbe hinausläuft. Außerdem muss der Film in einer bedeutenden Datenbank wie der IMDb aufgenommen sein.[35]
Und in der englischsprachigen Wikipedia ist ein Film relevant, wenn er weit verbreitet ist und Filmkritiken von mindestens zwei national bekannten Kritikern erhalten hat. Daneben gibt es einige sonstige relevanzstiftende Kriterien, so kann ein Film relevant sein, wenn er für die Geschichte des Kinos bedeutend gewesen ist (was in Richtung eines allgemeinen Kriteriums geht).[36] Die weite Verbreitung und der Bekanntheitsgrad der Kritiker lassen im Prinzip Raum für Diskussionen offen, dennoch dürfte die Wikipedia auf Englisch damit vergleichsweise streng sein; die sonstigen relevanzstiftenden Kriterien könnte man in anderen Wikipedias bei Bedarf aus den allgemeinen Relevanzkriterien herauslesen.
Auch beim Themenbereich (lokale) Politiker hat die Wikipedia auf Niederländisch eine relativ überschaubare Liste. Auf lokaler Ebene ist nur der Bürgermeister relevant, andere „bestuurders“ nur bei nationaler Bekanntheit. Ausdrücklich nicht relevant sind lokale und Provinzparlamentarier.[37] Allgemein wirken diese – sowieso noch nicht in Kraft gesetzten – Kriterien wenig durchdacht. Auf Deutsch ist von den Politikern der kommunalen Ebene nur ein Bürgermeister oder sein Stellvertreter relevant. Beim Bürgermeister muss die Kommune über 20.000 Einwohner reich sein, bei Stellvertreter über 100.000 oder kreisfrei sein.[38]
Im Englischen reicht ein lokales Amt ausdrücklich nicht für die Relevanz aus. Es müsse sich um einen „major“ Politiker handeln mit bedeutender Medienpräsenz, wobei ein Bürgermeister dieses Kriterium im allgemeinen erfülle, ebenso wie Mitglieder der Stadtregierung oder des Stadtrats (council) einer „major metropolitan city“.[39] Nun müsste man noch wissen, was eine „metropolitan city“ überhaupt ist, je nach Land kann diese Einstufung fünfzigtausend, hunderttausend oder wesentlich mehr Einwohner erfordern.[40]
Bei allen drei Sprachversionen besteht also die Tendenz, einen Bürgermeister für relevant zu halten, sonstige Lokalpolitiker eher nicht. Im Hinterkopf der Wikipedianer mag es von Bedeutung sein, dass Bürgermeister normalerweise hauptamtlich wirken. Vergleicht man die Wikipedia auf Deutsch mit der auf Niederländisch in Bezug auf die regionale Ebene, so fällt auf, dass ein deutscher Landtagsabgeordneter relevant ist, ein Mitglied eines niederländischen Provinzparlaments hingegen nicht. Letzterer ist übrigens, anders als sein deutscher Kollege, kein Vollzeitpolitiker. Dieses Argument kann aber nur zum Teil eine Rolle spielen, denn auch die Mitglieder der niederländischen Ersten Kammer des nationalen Parlaments sind nur zur Teilzeit im Amt, weisen jedoch Relevanz auf. Es dürfte der Gedanke mitspielen, dass die Erste Kammer politisch mächtiger ist als ein Provinzparlament.
Eine dritte und letzte Stichprobe soll Fußballmannschaften behandeln. Für den in vielen betroffenen Ländern beliebten Sport gibt es im Englischen und Deutschen detaillierte Positivlisten, also Listen, in welchen Ligen ein Verein spielen muss, um relevant zu sein. Für deutsche Vereine nennt die deutschsprachige Wikipedia die drei Bundesligen, dazu die DM-Endrunde und historische Ligen wie die Gauligen bis 1945.[41] Die englischsprachige Wikipedia nennt für deutsche Vereine nur die erste und zweite Bundesliga.[42] Das muss aber nicht heißen, dass zum Beispiel der VfB Königsberg, der naturgemäß nie in der Bundesliga gespielt hat, nur auf Deutsch relevant wäre. Es gibt den Artikel ebenso in der Wikipedia auf Englisch. Hier geht es also nur um eine verschieden ausführliche Binnenkodifizierung. Auf Deutsch, auf Englisch und auf Niederländisch[43] gilt die untereinander ähnliche Generalklausel, dass Personen und Vereine relevant sind, die auf dem höchsten (nationalen) Niveau spielen oder gespielt haben.
Friesisch und Afrikaans haben keine Kataloge mit Relevanzkriterien, dennoch stellen auch sie die Relevanzfrage. Im Afrikaans erklärt die Seite Wikipedia:Ensiklopedise relevansie, dass ein Thema in verlässlichen Quellen eine bedeutsame Präsenz haben müsse, auch wenn das noch keine Garantie für die Relevanz sei. Die Beweislast liegt ausdrücklich beim Autor.[44] Auf Friesisch wiederum ist nur auf der Seite über Seitenlöschungen kurz die Rede von Artikeln, die nicht in die Wikipedia gehören. Für die Beantwortung der Frage, was darunter gemeint sein könnte, muss der Neuling sich an der allgemeinen Seite Wikipedy:Wat Wikipedy is NET orientieren.[45]
Dies ist die Theorie bzw. die Regelsetzung. Möglicherweise unterscheidet sich die Praxis davon erheblich. Ein genauer Vergleich zwischen mehreren Sprachversionen müsste allerdings eine Vielzahl von Fragen beantworten:
- Wie viele Artikel werden überhaupt insgesamt erstellt, wie viele davon sind offensichtlicher Unsinn, über wie viele ließe sich sinnvoll diskutieren? Welche Faktoren beeinflussen das Erstellen von Artikeln?
- Wie viele Artikel werden zur Löschung vorgeschlagen, aus welchem Grund?
- Wie viele werden letztlich gelöscht?
- Wie viele potentielle Artikelersteller gibt es, wie viele Sprecher der betreffenden Sprache, die einen Internetanschluss haben?
- Wie viele potentielle Löschantrag-Steller gibt es?
- Weichen die Meinungen über den Charakter (etwa die thematische Breite) einer Enzyklopädie ab, vielleicht wegen unterschiedlicher traditioneller Vorbilder?
In der niederländischen Wikipedia bezieht man sich in der Löschdiskussion nicht auf den Kriterienkatalog, sondern zieht pro Einzelfall Präzedenzfälle heran. Überhaupt beteiligen sich an den Diskussionen wesentlich weniger Wikipedianer als an denen in der deutschsprachigen Wikipedia. Dies lässt die Entscheidungen durchaus willkürlich erscheinen. Versucht man die Prozeduren zu beurteilen, sollte Willkür allerdings nicht das Schlüsselwort sein, denn die Willkür lässt sich nicht vermeiden: Auch ein Kriterienkatalog ist letztlich willkürlich. Er schafft aber vermutlich mehr Kohärenz und Vorhersehbarkeit.
Zu beachten ist ferner die Welt der Realien, die hinter der Sprachversion steht. Es gibt wenig professionelle Spielfilme auf Friesisch, so dass sich die Friesisch-Wikipedianer kaum einer Spam-Flut erwehren müssen. Und wenn man sich fragt, ob die deutsch- oder niederländischsprachige Wikipedia „strenger“ bei den Lokalpolitikern ist, muss man beispielsweise mitbeachten, wie viele relevante Bürgermeisterposten es in den betreffenden Ländern überhaupt gibt.
Sprache oder Dialekt
Die Frage, ob eine bestimmte Sprachform eine „Sprache“ oder einen „Dialekt“ darstellt, lässt die Gemüter oftmals hochkochen und ist auch für Fachleute nicht immer leicht zu beantworten. Für die Wikipedia-Welt ist die Frage bedeutsam, weil die Wikimedia Foundation grundsätzlich pro Sprache nur eine Sprachversion einrichten will. Eine neue Sprachversion in einem Dialekt einer bereits bestehenden Sprache wäre eine zweite Sprachversion in dieser Sprache.
Wie aber stellt man fest, ob man es mit einer Sprache oder einem Dialekt zu tun hat?[46] Deutsch und Französisch sind einander so unähnlich, dass sie zwei unterschiedliche Sprachen darstellen. In der Terminologie von Heinz Kloss[47] spricht man vom „Abstand“. Niemand käme auf die Idee, beide für zwei Varietäten einer gemeinsamen Sprache zu halten.
Mit steigender Ähnlichkeit zwischen zwei Sprachformen wird es schwieriger, die genaue Beziehung zu beschreiben. Schwäbisch, Standardletzeburgisch (eine der Sprachen Luxemburgs) sowie Niederländisch und Jiddisch sind dem Standarddeutschen, im unterschiedlichen Ausmaß, wesentlich ähnlicher als Französisch. Dabei gelten Niederländisch und Jiddisch als eigenständige Sprachen, bei Standardletzeburgisch ist dies umstritten. Schwäbisch wird umstandslos als Dialekt des Standarddeutschen angesehen. Der Grund für die Anerkennung als Sprache liegt hier im „Ausbau“, in der Kodifizierung der Sprachform. Außerdem ist die Sprachentwicklung im Standardletzeburgischen autonom, oder, um es wieder mit Kloss zu sagen, sie wird nicht von einer anderen Sprache „überdacht“. Darum ist Standardletzeburgisch eher als Sprache anzusehen als Schwäbisch, denn für letzteres stellt das Standarddeutsche die Dachsprache dar. Der bloße Abstand zum Standarddeutschen könnte kaum begründen, warum die moselfränkischen Sprachformen in Luxemburg eine eigenständige Sprache darstellen sollen und die benachbarten in Rheinland-Pfalz nicht.
Die größte Ähnlichkeit sieht man zwischen den drei wichtigsten Standardvarietäten des Deutschen, nämlich dem deutschländischen (oder bundesdeutschen) Standarddeutschen, dem Österreichischen Standarddeutschen und dem Schweizerischen Standarddeutschen. Im Umgang damit findet man vor allem zwei Ansichten:
- Der monozentrischen Ansicht nach stellt das Standarddeutsch der Bundesrepublik Deutschland das allgemeine Deutsch dar. Abweichende Formen in Österreich und der Schweiz sind demnach „Dialekt“. Zwar ist diese Ansicht sprachpolitisch nicht korrekt, doch dürfte sie in Deutschland und im nicht-deutschsprachigen Ausland weit verbreitet sein. Der Duden beispielsweise kennzeichnet österreichische und schweizerische, nicht aber deutschländische Ausdrücke.
- Der plurizentrischen Ansicht nach sind es drei gleichberechtigte Standardvarietäten der deutschen Sprache. In ihren jeweiligen Ländern dienen sie als Standard.
Diese Beziehungen zwischen Sprachen sind bedeutsam, wenn es um die Einrichtung einer neuen Wikipedia-Sprachversion geht. Sie können Einfluss auf die Zusammenarbeit verschiedener Sprachversionen haben, und schließlich muss man sie für das Miteinander innerhalb einer Sprachversion berücksichtigen.
Einrichtung einer Sprachversion
Zu Beginn der Wikipedia-Geschichte kam es zu einem gewissen Wildwuchs: Neue Sprachversionen wurden ohne große Umschweife eingerichtet. Die gewünschten Sprachversionen bezogen sich meist auf Sprachen wie Dänisch oder Japanisch, deren standardsprachlicher Charakter nicht angezweifelt wird. Der Cheftechniker des Wikipedia-Gründers Jimmy Wales und später der Wikimedia Foundation nahm auch Sprachversionen auf Niedersächsisch, Limburgisch sowie in anderen Sprachformen an, über deren Sprachlichkeit man streiten kann. Es gibt mit Simple English ferner eine Wikipedia, die unfraglich eine Sprachversion in einer bereits mit einer Wikipedia gesegneten Sprache darstellt. Sie soll Lesern dienen, die als Nichtmuttersprachler oder Menschen mit Beeinträchtigungen Schwierigkeiten mit der englischen Sprache haben.
Dem Wildwuchs wurde ein Ende gemacht, nachdem Jimmy Wales im November 2005 meinte, nur „echte“ Sprachen sollten eine Sprachversion haben.[48] Zu dieser strengeren Haltung hat die tote, sich nicht weiterentwickelnde Sprachversion für die fiktionale Sprache Klingonisch (2004/2005) beigetragen. Aber auch andere Sprachversionen wurden bereits abgeschaltet, beispielsweise die in der Pidgin-Sprache Hiri Motu (Papua-Neuguinea), auf Herero (Namibia) oder auf Yi (China). Solche Sprachversionen bleiben unbearbeitbar online, werden gelöscht oder ziehen in die kommerziell betriebene Wiki-Farm Wikia um.[49]
Seit Ende 2006 gelten bestimmte Anforderungen für neue Sprachversionen der Wikipedia oder anderer Wikimedia-Projekte. Zunächst stellt das Sprachkomitee der Wikimedia Foundation fest, ob Grundvoraussetzungen gegeben sind:
- Die Sprache muss in einem Code der Internationalen Standardisierungs-Organisation aufgeführt sein (ISO-639).
- Sie muss ausreichend eindeutig (unique) sein, dass sie nicht in einer allgemeineren Sprachversion koexistieren kann. Das schließe Dialekte meistens aus, heißt es in den Regeln.
- Es müssen ausreichend Sprecher vorhanden sein, die eine lebensfähige Wikipedia-Autorenschaft und -Leserschaft bilden können.
- Die Anweisungen der Benutzeroberfläche der Software MediaWiki sind in die Sprache bereits übersetzt.
Das Sprachkomitee entscheidet dann, nach Einzelfallprüfung, ob die vorgeschlagene Sprache berechtigt (eligible) ist. Sofern dies noch nicht geschehen ist, müssen die Antragsteller dann auf einer Test-Site (dem Incubator) ihre Aktivität und ihre enzyklopädischen Fähigkeiten beweisen. Für einen erfolgreichen Testabschluss werden außerdem mindestens fünf regelmäßige Mitmacher verlangt. Erst danach reicht das Sprachkomitee den Antrag an den Vorstand der Wikimedia Foundation zur positiven Behandlung weiter.[50]
Wie Gerard Meijssen vom Sprachkomitee bestätigt, wären einige bestehende Sprachversionen nicht eingerichtet worden, wenn die heutigen Regeln damals schon gegolten hätten. Dies träfe zweifellos für das Alemannische zu, dessen Code ALS obendrein tatsächlich der Code für Albanisch sei. Die luxemburgische Wikipedia würde wohl akzeptiert werden. Alle bislang geschlossenen Sprachversionen wurden übrigens vor der Aufstellung der Regeln gegründet; alle seit den Regeln eingerichteten Wikipedias gibt es noch. Allerdings müsse hinzugefügt werden, so Meijssen, dass die strengen entsprechenden Regeln das Schließen einer Sprachversion fast unmöglich machen.[51]
Die Wikipedia auf Alemannisch hat aus der Not eine Tugend gemacht. Da andere Wikimedia-Projekte nicht mehr in dieser Sprachform eingerichtet werden, bieten die Alemannen diese Projekte innerhalb ihrer Wikipedia-Sprachversion an. So findet man auf der Hauptseite Links zu Wiktionary, Wikibooks, Wikisource und Wikiquote, die allerdings nicht zu normalen Sprachversionen dieser Projekte verweisen. Stattdessen hat man innerhalb der Alemannisch-Wikipedia eigene Namensräume Wort:, Buech:, Text: (inkonsequent, weil „Tekschtsammlig“) und Spruch: geschaffen.[52]
Eine Vielzahl an kleinen und schlecht gepflegten Wikipedias schadet theoretisch dem Prestige der gesamten Wikipedia, das sie allerdings eher aus großen Sprachversionen bezieht. Ein praktischer Grund gegen schwächelnde Sprachversionen ist deren Unvermögen Vandalismus zu beseitigen, dadurch fallen sie dem Small Wikipedia Monitoring Team[53] zur Last. Außerdem kommt das Wiki-Prinzip der gegenseitigen Kontrolle der Beitragenden nicht zum Tragen.
Umgang mit Varietäten
Bis zu einer bestimmten Grenze gelten Sprachformen also als Dialekte; ihre Sprecher müssen sich einer Standardsprache innerhalb einer bestehenden Wikipedia anschließen. Hinter dieser Grenze fängt eine neue Sprachversion an. Wie gesehen ist das Ziehen dieser Grenze nicht immer einfach, was einige Beispiele weiter verdeutlichen sollen.
Im Norden Europas werden vor allem die großen nordgermanischen Sprachen Schwedisch, Dänisch und Norwegisch gesprochen. Ihre jeweilige Sprachlichkeit ist nicht umstritten, dennoch sind sie untereinander für erwachsene, etwas geübte Sprecher durchaus verstehbar. Eine besondere Zusammenarbeit liegt auf der Hand, und so präsentieren die betreffenden Wikipedias auf ihren Hauptseiten einen „täglichen skandinavischen Artikel“. Auf Meta Wiki findet sich das Projekt „Skanwiki“ zur Koordination, beispielsweise mit einer Mitmacherliste von Interessierten und einem gemeinsamen Internetforum, das allerdings seit 2007 kaum noch Aktivität aufweist.[54]
Bei der Gründung der norwegischen Wikipedia im Januar 2002 ging man optimistischerweise davon aus, dass beide norwegischen Standardsprachen innerhalb derselben Wikipedia bestehen könnten. Außer dem Bokmål gibt es in Norwegen noch das Nynorsk, das von etwa zehn Prozent der Einheimischen verwendet wird. Eine knappe Mehrheit in der norwegischen Wikipedia entschied, dass künftig nur noch Bokmål gelten solle. So wurde im Juli 2004 eine neue Wikipedia-Sprachversion für Nynorsk eingerichtet.[53]
Ähnlich verhielt es sich in der norddeutschen Tiefebene, wo im April 2003 eine Wikipedia mit der Abkürzung NDS entstand. Sie sollte alle Dialekte zusammenfassen, die in Norddeutschland Niederdeutsch und in den östlichen Niederlanden Niedersächsisch (Nedersaksisch) genannt werden. Deutsche und Niederländer mussten jedoch die unangenehme Wahrheit erleben, dass sie einander schlecht verstanden. Ihre Dialekte werden von unterschiedlichen Standardsprachen überdacht. Der Anlass für die Teilung trat 2006 auf, als die Niederdeutschen sich mit Mehrheit für einen bestimmten Schriftstandard entschieden. Seitdem gibt es auch eine Wikipedia mit der Abkürzung NDS-NL für die Niedersachsen aus den Niederlanden.[56] Beide Sprachversionen arbeiten aber noch zusammen, so verweisen sie in den Suchergebnissen und bei „Andere Sprachen“ am Seitenrand (bevorzugt) aufeinander.
Diese beiden Wikipedias beruhen auf nicht-standardisierten Sprachformen, ebenso wie die Wikipedias auf Seeländisch, Limburgisch, Alemannisch, Bairisch und einige weitere. So gibt es zwar eine bairische Dialektgruppe, die in weiten Teilen Bayerns und Österreichs beheimatet ist, aber kein Standardbairisch. Die Sprecher kennzeichnen oftmals oberhalb eines konkreten Artikels daher den eigentlichen Dialekt. Der Artikel „Italien“ ist auf dem südbairischen Pongaurisch geschrieben und der Artikel über das „Hildebrandsliadl“ im ostmittelbairischen Hausrukfiatlarisch. Für die Teilnehmer ist das Fehlen eines Standards eine große Last, da es zu Unsicherheiten im Sprachgebrauch führt und wohl auch Mitmachwillige abschreckt, allerdings fühlen sie sich ihrem Heimatdialekt sehr nahe und wünschen sich daher nicht unbedingt eine gesamtbairische Standardisierung. Die Meinungen dazu gehen auseinander.
Zwar ist das Deutsche eine stark standardisierte Sprache, trotzdem gibt es die drei oben genannten Standardvarianten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es bedarf also einiger Regeln für den Umgang mit dieser Verschiedenheit, genauso wie bei anderen plurizentrischen Sprachen wie Englisch, Französisch und Spanisch sowie bei den nicht-standardisierten Dialektgruppen. Bei den plurizentrischen Sprachen wird die für einen konkreten Artikel verwendete Standardvarietät allerdings nicht eigens erwähnt.
Die englischsprachigen Wikipedia[57] bevorzugt ausdrücklich keine der nationalen Varietäten des Englischen und spricht vier Empfehlungen aus:
- Ein Artikel soll in der Varietät weitergeschrieben werden, in der er begonnen wurde.
- Ein Artikel soll einheitlich in einer einzigen Varietät geschrieben werden.
- Ein Artikel soll in der Varietät geschrieben, die mit dem Artikelgegenstand einen Bezug hat. (Der Artikel über die Queen steht im Britischen Englisch, der über den US-Präsidenten im Amerikanischen.)
- Es soll nach gemeinsamen Formen gesucht werden. Man kann aus der Praxis noch einen fünften Punkt hinzufügen:
- Verwende notfalls zwei Formen, von denen der Leser wahrscheinlich eine versteht. (Zu sehen bei Maßangaben, die oftmals sowohl metrisch als auch imperial angegeben werden.)
Die übrigen Wikipedias folgen ähnlichen Gedanken und machen sie zuweilen wenigstens rudimentär explizit. Das reale Übergewicht einer Varietät führt oft zu einem faktischen Monozentrismus, unterstützt von den beiden erstgenannten Empfehlungen: Da die meisten norwegischen Wikipedianer Bokmål sprechen, sind die meisten angelegten Artikel in dieser Sprachform und müssen in ihr weitergeschrieben werden. Für Nynorsk-Sprecher wird es dann eng.
Die Empfehlung zum nationalen Bezug verschafft den Minderheiten hingegen Raum, etwa in der deutschsprachigen Wikipedia, die österreichische bzw. schweizerische Formen in Artikeln toleriert, die mit dem jeweiligen Alpenland eine Verbindung haben. Angesichts der Streitbereitschaft unter Wikipedianern wurde lange und wiederholt darüber diskutiert[58], ob Mozart im Januar oder im Jänner geboren wurde. Allerdings bedeutet die Gewährung von Rückzugsräumen für die Alpenländer umgekehrt, dass das deutschländische Deutsch stillschweigend als Standard für alle übrigen Artikel gilt. Beide letztgenannten Empfehlungen, also die Suche nach gemeinsamen Formen und die Doppelangabe, verlangen den Sprechern aus verschiedenen Ländern ein echtes Entgegenkommen ab. Generell dürften die Probleme auch bei plurizentrischen Standardsprachen eher gering sein, da es bei der Wikipedia um die relativ einheitliche Schriftsprache von Höhergebildeten geht, nicht um die gesprochene Sprache der Gesamtsprecherschaft.[59]
Gemeinschaft und Außenwelt
Nach einer nun schon beinahe traditionellen Vorstellung kommen Leser zufällig zu einem Wiki und werden zu Autoren, alle tragen gleichberechtigt einen Teil bei und damit ihren Beitrag zur „Schwarmintelligenz“. Doch die Erforschung der Wikipedia zeigt, dass nur relativ wenige Leser sich an einer Sprachversion aktiv beteiligen, und dass die allermeisten Bearbeitungen von relativ wenigen Mitmachern geleistet werden. Nicht „Schwarm“, sondern „Gemeinschaft“ ist das Stichwort.
Gemeinschaft
In der deutschsprachigen Wikipedia bis 2015 haben knapp zehn Prozent aller jemals angemeldeten Benutzer über fünfundneunzig Prozent aller Bearbeitungen geleistet; allerdings dürften allgemein viele Benutzerkonten angelegt worden sein, von denen aus so gut wie nie bearbeitet wurde. Bei den knapp zehn Prozent handelt es sich um 72.310 Benutzerkonten. 1265 Benutzerkonten (oder 0,2 Prozent) sind immerhin noch für 52,5 Prozent aller Bearbeitungen verantwortlich. Im Monat November 2015 haben 5862 Benutzerkonten jeweils mindestens fünf Bearbeitungen geleistet und 953 jeweils mindestens hundert.[60] Am 12. Januar 2015 gab es 245 Administratoren, 16.197 Sichter, und von 18.773 Benutzerkonten aus wurde in den dreißig Tagen zuvor mindestens eine Bearbeitung geleistet.[61] Bei den einzelnen Administratorwahlen des Jahres 2015 stimmten jeweils etwa 200 bis 300 Benutzer ab.[62] Vorsichtig lässt sich aus diesen Zahlen herauslesen, dass in der deutschsprachigen Wikipedia mehrere tausend Menschen regelmäßig aktiv sind und dass der harte Kern, der das Wiki als solches unterstützt, eher in den Hundertern liegt.
Weltweit hatte die Wikipedia im Monat November 2015 69.762 Benutzerkonten mit mindestens je fünf und 10.326 mit mindestens je hundert Bearbeitungen in jenem Monat.[63] Bei einer großen Wikipedia wie der französischsprachigen waren es 4.381 (fünf) bzw. 761 (hundert) Benutzerkonten, bei einer sehr kleinen wie der korsischsprachigen gab es in jenem Monat niemanden mit so vielen Bearbeitungen; sonst sind es monatlich ein bis fünf Benutzer mit mindestens je fünf Bearbeitungen. Der Luxemburger Tom schätzt, dass in der Wikipedia auf Letzeburgisch (LB) rund ein Dutzend Menschen regelmäßig mitmachen.[64]
Aus welchen Motiven heraus beteiligt man sich an der Wikipedia?
- Thema: Viele Wikipedianer dürften ihres Fachgebietes oder Hobbys wegen die Wikipedia schätzen. Sie beteiligen sich, thematisch beschränkt, durch das Schreiben oder Verbessern von Artikeln.
- Enzyklopädie als solche: Manche der thematisch begeisterten Wikipedia geraten mehr und mehr auf die Meta-Ebene, das heißt, sie verbessern die Wikipedia auch themenübergreifend und beteiligen sich an Gemeinschaftsaufgaben etwa im Mentorenprogramm. Andere wachsen als thematisch ungebundene Gelegenheitsbearbeiter oder Software-Entwickler in die Rolle des am Gesamtprojekt Interessierten hinein.
- Sonderinteressen: Manche Bearbeiter arbeiten für eine „Sache“, wie eine politische Bewegung oder ein kommerzielles Unternehmen. Naturgemäß entstehen hieraus am ehesten Konflikte.
- Sprachfreunde: Für große Sprachversionen dürfte dies eher unbedeutend sein, aber gerade die Sprecher kleiner oder schwacher Sprachen schreiben bewusst in einer kleinen Wikipedia mit, weil sie die Sprache fördern wollen.
In einer Wikipedia-Sprachversion selbst begegnen sich die Mitmacher einander nicht nur beim Seitenverbessern, sondern auch auf gemeinschaftsbildenden Seiten. Fast jede Sprachversion hat eine allgemeine Diskussionsseite, die nach englischem Vorbild oft Dorfbrunnen (village pump) heißt. Woanders entspricht der Name einem Café oder einer Kneipe (wie Niederländisch: kroeg, Katalanisch: La taverna) oder lautet, wie auf Esperanto, schlicht „Diskussionsort“ (diskutejo). Größere Wikipedias haben ferner weitere solche Diskussionsseiten für Unterthemen wie Technisches, Regelsetzung oder Sprachfragen.
In der Wikipedia auf Deutsch gibt es keine allgemeine Diskussionsseite, der englischsprachige Dorfbrunnen verweist auf Wikipedia:Fragen zur Wikipedia. Diskussionen allgemeiner Art findet man aber auf der Diskussionsseite zum Wikipedia:Kurier. Solche internen Wandzeitungen sind selten, selbst die Wikipedia auf Spanisch hat keine. Weitere Orte für die Diskussion sind Mailinglisten und der Chat.
Nationale Wikimedia-Organisationen
Mittlerweile gibt es, außer der Wikimedia Foundation mit Geschäftsstelle in San Francisco, rund 40 nationale Wikimedia-Organisationen (chapters).[65] Die erste war die am 13. Juni 2004 gegründete Wikimedia Deutschland. Am 23. Oktober desselben Jahres wurde Wikimédia France die zweite Landesorganisation. Mit der Wikimedia Foundation sind die nationalen Wikimedia-Organisationen über Zusammenarbeitsverträge verbunden, ansonsten agieren sie selbstständig. Ihre Aufgabe ist es, vor Ort die Wikimedia-Wikis zu fördern und Veranstaltungen und Initiativen zu organisieren. Die Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens war im November 2010 noch die einzige nationale Organisation mit eigener Geschäftsstelle, und mit 635 Mitgliedern die wohl mit Abstand größte.[66]
Von einer Organisation, die als neues chapter anerkannt werden will, erwartet die Wikimedia Foundation an erster Stelle eine Übereinstimmung der allgemeinen Ziele (mission). Außerdem soll die Organisation in einer rechtlich abgegrenzten geografischen Einheit aktiv sein und eine formelle Struktur besitzen. Es müssen Menschen beteiligt sein, die sich auch in Wikimedia-Wikis engagieren, obwohl Nichtmitmacher ebenfalls willkommen sind. Eine genaue Mindestanzahl an Mitgliedern wird nicht verlangt, jedoch sollen wenigstens zehn bis zwanzig Menschen aktiv sein.[67]
Normalerweise beschäftigen die Wikipedianer in einer nationalen Organisation sich mit derjenigen Sprachversion, in der die große Mehrheit mitschreibt. In Deutschland und Österreich geht es fast ausschließlich um die deutschsprachige Wikipedia. Ebenso spielen beispielsweise in Wikimedia Nederland kleine Wikipedias in Minderheitensprachen keine Rolle.
Kontakte mit Institutionen
Wikipedianer oder ihre Organisationen treten zuweilen in Kontakt mit Institutionen, die ihnen bei ihrer enzyklopädischen Arbeit helfen können. Außer an gemeinsamen Veranstaltungen beispielsweise in einer Universität denkt man in erster Linie an Kooperationen, die auf Wikimedia Commons als partnerships aufgelistet sind. Hierbei öffnen die Institutionen ihre Archive, übergeben digitalisierte Bildbestände oder lassen Wikipedianer digitalisieren bzw. fotografieren. Bekannt ist die Spende des deutschen Bundesarchivs von 80.000 Fotografien aus der Zeitgeschichte Ende 2008 oder auch die knappe Viertelmillion Bilder zur Biodiversität des niederländischen Naturalis-Museums vom Mai 2015.[68]
Für kleine Sprachen sind Sprachinstitutionen von besonderer Bedeutung; des Aufwands wegen werden allerdings nur selten Kontakte geknüpft. Manche Sprachinstitutionen sind zudem einer Enzyklopädie in einem Dialekt nicht unbedingt zugeneigt, so meinte Professor Heinz-Dieter Pohl vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte, dass er die Wikipedia auf Bairisch „eher als folkloristischen bzw. humorvollen Beitrag“ betrachte. Wie alle Dialektwikipedias habe sie „mehr einen Unterhaltungs-, weniger einen Informationswert.“[69] Wikipedianerin Libellulia wiederum sieht bei den Mundartvereinen „Bayerntümelei“ am Werk.[70] Es gibt allerdings auch positive Bemerkungen, etwa vom Niederdeutsch-Schriftsteller Hans-Hinrich Kahrs vom Rat für Niederdeutsche Sprache über die Wikipedia auf Niederdeutsch: „Mi dücht, dor sünd gode Bidräge in.“[71]
In den Sprachinstitutionen selbst finden sich also unterschiedliche Haltungen zur eigenen Sprachform. Die eine Gruppe sieht in der Sprachform nur ein Studienobjekt, oft, weil sie die Sprachform für ausgestorben hält. Die andere Gruppe wünscht sich hingegen die aktive Nutzung der Sprachform für moderne Zwecke und kann sich eventuell auch eine Wikipedia in der Sprachform vorstellen. Innerhalb dieser zweiten Gruppe meinen die einen, die einzelnen Dialekte sollten bewahrt werden, während die anderen aus der Sprachform eine Standardsprache machen wollen; ein Gegensatz, der auch in Dialekt-Wikipedias wiederzufinden ist. Dass eine Dialekt-Wikipedia (mit ihrem Dutzend Mitmacher) zum Motor einer Standardisierung wird, ist denkbar, aber unwahrscheinlich.
Eine Zusammenarbeit mit den Sprachinstitutionen wäre von Vorteil, da viele Wikipedianer sich unsicher beim Schreiben im Dialekt sind und die Sprachinstitutionen sich nicht zuletzt mit Wörterbucharbeit beschäftigen. Umgekehrt sollten die Sprachinstitutionen sich für die Wikipedias interessieren, die schließlich oftmals das größte zusammenhängende Internet-Textkorpus einer Sprachforrm sind.
Manchmal suchen niederländische Niedersächsisch-Wikipedianer Rat bei der Stiftung Streektaal-Organisatie in het Nedersaksisch Taalgebied oder der IJsselacademie;[72] manchmal fragen einzelne Wikipedianer, ob sie einen Text übernehmen dürfen;[73] selten erscheint etwas über die Wikipedia im Internet-Magazin An de Liende.[74] Dies sieht im Vergleich zu anderen Dialekt-Wikipedias bereits nach viel aus.
Minderheitensprachen und Dialekte leben einerseits von einer bodenständigen, meist älteren und wenig schreiberfahrenen Bevölkerung, andererseits von jüngeren Höhergebildeten, welche die Sprachform schriftlich entdeckt oder wiederentdeckt haben. Für die Rekrutierung neuer Freizeit-Enzyklopädisten eignet sich die zweite Gruppe eher, des Umgangs mit Texten und Computern wegen.
Einen Sonderfall stellen anscheinend die Wikipedias auf Latein und Esperanto dar. Die Sprecher dieser Sprachen leben normalerweise isoliert von ihren Sprachgenossen und haben keinen natürlichen Heimatort. Darum sind sie bereits hochgradig organisiert, und dies kommt den Wikipedia-Sprachversionen zugute. Viele Wikipedianer gehören der entsprechenden Sprachorganisation an, so dürften die meisten Esperanto-Wikipedianer Mitglied im Esperanto-Weltbund oder in einem Landesverband sein. Unterstützung durch die Verbände oder Wikipedia-Treffen im Rahmen eines allgemeinen Esperanto-Treffens sind nicht ungewöhnlich.
Benutzer Josh berichtet, viele Latein-Wikipedianer hätten bereits Veranstaltungen (conventicula) der neolatinistischen Sprachbewegung besucht, einige seien Mitglieder des Forums Grex Latine Loquentium, ein Mitglied sei der Schatzmeister der amerikanischen Latinitatis Vivae SALVI. Josh wusste auch eine Reihe von Wörterbüchern mit modernem Vokabular zu nennen, die man verwende, allerdings reiche für achtzig Prozent aller Fälle das klassische Latein aus.[75]
Automatische Übersetzungen
Immer wieder wird die Frage aufgeworfen, ob menschliche Arbeit nicht mit besonderen Software-Lösungen unterstützt werden kann. Viele eintönige Bearbeitungen sind bereits mit den Bots automatisiert, beispielsweise das Einfügen von Interwiki-Links. Die Wikipedianer teilen sich in dieser Frage in eine optimistische Gruppe, die noch viele Möglichkeiten für die technische Unterstützung sieht, und eine pessimistische, deren Meinung nach nur Menschen wirkliche enzyklopädische Arbeit leisten können.
Vom Optimismus und Pessimismus abgesehen gibt es Menschen, die mit eigenen Interessen Software-Lösungen vorschlagen. Google hat 2010 ein sogenanntes Google Translator Kit zur Verfügung gestellt. Diese Software lädt einen Wikipedia-Artikel nach Wahl und liefert daneben eine automatische Übersetzung dieses Artikels. Ein Benutzer soll dann die Übersetzung sprachlich noch überarbeiten. Auf diese Weise, so wirbt Google, erschaffe man mit minimalem menschlichen Aufwand rasch einen hervorragenden Artikel, was vor allem Sprachen der Dritten Welt zugutekomme. Dabei wünscht sich Google Übersetzungen Satz für Satz, damit ein Textkorpus mit Eins-zu-Eins-Übersetzung entsteht. Dieses Textkorpus hilft Google wiederum bei der Verbesserung ihres Übersetzungsdienstes.
Abgesehen von der Frage, wem das Textkorpus rechtlich gehören soll und ob die Software Open Source ist: Viele Wikipedianer haben sich über das Google Translator Kit und seine Auswirkungen geärgert. Google hatte Preise für besonders viel beitragende Artikelersteller ausgelobt und damit eine Flut an unsorgfältig übersetzten Artikeln ausgelöst. Die betroffenden Wikipedia-Sprachversionen mussten mit ansehen, wie bereits akzeptable, kurze Artikel durch lange, schlechte Versionen ersetzt wurden. Es werde viel Arbeit kosten, klagte Benutzer Muddyb von der Wikipedia auf Swahili, den Schaden wieder zu beseitigen. Die „Übersetzer“ reagierten auch nicht auf Kontaktversuche.[76]
Ähnliches klagte der Bengali-Wikipedianer Hasan Belayet dem Telegraph India: „Sie haben ein Experiment in der Wikipedia gemacht, und das ist eben kein Platz zum Experimentieren.“ [77] Ein Tamil-Wikipedianer hingegen, so Sue Gardner von der Wikimedia Foundation, habe nur von anfänglichen Schwierigkeiten berichtet. Die Arbeit mit dem Translator Kit laufe „reasonably well“.[78]
Kurz nach Google trat Microsoft im Oktober 2010 mit einer eigenen Software auf, WikiBhasha. Ein Einführungsvideo mit einer Person namens Aishwarya behauptete, man müsse kein „subject matter expert“ sein, um sich zu beteiligen.[79] Doch ein Versuch des Autors zeigte die Unvollkommenheit der Übersetzung. Viele Sätze waren inhaltlich und grammatikalisch so schlecht, dass man den Sinn nicht verstehen konnte. Nur ein Eintauchen in den Originaltext, notfalls mit Wörterbuch, ermöglichte das Verstehen und damit das Verbessern der vorgeschlagenen Übersetzung. Die Behauptung, man müsse das Fachgebiet nicht kennen, erwies sich als höchst bedenklich.[80] Im Jahr 2015 stellte die Wikimedia Foundation schließlich eine eigene Software für Übersetzungen vor, den Content Translator.[81] Bei diesem übersetzen Menschen und nicht Maschinen; er ist technisch viel mehr in die Wikimedia-Wikis eingebunden; außerdem setzt man nicht auf finanzielle Anreize für Neulinge.
Vielfalt in der Einheit Die Vielfalt der einzelnen Wikipedias kann als Chance gesehen werden, denn in ihnen (er)findet man nützliche Neuerungen. In der polnischsprachigen Wikipedia beispielsweise haben Leser die Möglichkeit, mit einer einfachen Funktion am linken Seitenrand einen Kommentar zum jeweiligen Artikel abzugeben. Solche Kommentare landen dann automatisch auf einer Seite, von der aus Wikipedianer die Anregungen abarbeiten können. Die Wikipedia auf Friesisch hat insgesamt nur wenige Mitmacher; so haben sie eine Zeitlang auf einer Seite namens „Feldwache“[82] eingetragen, an welchen Tagen sie die Kontrolle der Letzten Änderungen übernehmen.
Nicht zu befürchten ist jedenfalls eine Auseinanderentwicklung, bei der die Wikipedias ihren enzyklopädischen Charakter verlieren würden. Die Wikipedianer in den einzelnen Sprachversionen haben die tradtionellen Enzyklopädien und auch die englischsprachige Wikipedia als Vorbild, allen Unterschieden im Detail zum Trotz. Hier ist eher ein Gegensatz zwischen jungen bzw. kleinen Sprachversionen zu sehen, die noch „unreif“ sind, und älteren bzw. großen Sprachversionen, die „gereift“ sind und bereits als brauchbares Nachschlagewerk dienen.
Die Erforschung der internationalen Wikipedia wurde meist unter einem infometrischen Gesichtspunkt durchgeführt, unter Heranziehung vor allem der Wikimedia-Statistik. In manchen Wikipedias wie der englischsprachigen gibt es zwar eigenes Artikel über Sprachversionen, diese gehen aber selten über die reinen statistischen Angaben hinaus. Statistik-basierte Studien behandeln bloß zählbare Einheiten als solche, wie Benutzerkonten und Seiten. Nur ein Forscher mit guten Sprachkenntnissen kann eine Wikipedia fundiert betrachten. Ein einzelner Forscher stößt schnell an seine Grenzen, so dass eine vollständige Synopse nur von einem Team innerhalb eines größeren Forschungsprogramms zu leisten wäre.
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[1]Erik Zachte: QikiarRA. Nwq PRRWENA 8ns aomw Ols Mwreixa Nuances. Annotated Edition (presented at Wikimania London on Aug 9, 2014), https://wikimania2014.wikimedia.org/wiki/File:Wikistats_2014_Wikimania_London_Annotated.pdf, Folie 12.
[2]Liste nach Gründungsmonat, allerdings nur bis 2007 weitergeführt: http://stats.wikimedia.org/EN/TablesWikipediaGrowthSummary.htm
[3]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=List_of_Wikipedias_by_language_group&oldid=2257892
[4]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Sprachen&oldid=82970936 [5]https://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=List_of_Wikipedias_by_language_group&oldid=14694671
[6]Detlev Blanke: Internationale Plansprachen. Eine Einführung. Akademie-Verlag, Berlin (Ost) 1985, S. 11.
[7]http://stats.wikimedia.org/
[8]https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Robin_Kenyatta&oldid=148872234
[9]http://vo.wikipedia.org/w/index.php?title=Gebanibespik:Smeira/Ragiv01&oldid=1334294
[10]http://vo.wikipedia.org/w/index.php?title=Poplar_Bluff&oldid=1615343
[11]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benutzer:Ziko/Handbuch-Allgemeines&oldid=83011270#Poplar-Bluff-Syndrom
[12]Andrew Lih: The Wikipedia Revolution. Hyperion, New York 2009, S. 159.
[13]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Proposals_for_closing_projects/Closure_of_Volap%C3%BCk_Wikipedia&oldid=2167963
[14]Ziko van Dijk (2009): Wikipedia in lesser ressourced languages. In: Language Problems and Language Planning 33 (no. 3, fall), S. 234-255. , hier S. 237/238.
[15]E-Mail von Libelullia, 18. April 2008.
[16] Christian Stegbauer: Wikipedia. Das Rätsel der Kooperation. Netzwerkforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007, S. 53.
[17]https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Artikel_%C3%BCber_lebende_Personen&oldid=149472445
[18]http://www.mail-archive.com/wikide-l@lists.wikimedia.org/msg01121.html
[19]Andrew Lih: The Wikipedia Revolution. Hyperion, New York 2009, S. 148.
[20] 2005: http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Five_pillars&oldid=13207659
[21]2001: 2002: http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Policies_and_guidelines&oldid=54531.
[22] http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Policies_and_guidelines&direction=prev&oldid=163409521
[23]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Grundprinzipien&oldid=81135311
[24]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Grundprinzipien&oldid=142385
[25]http://nl.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Toch_een_paar_regels&oldid=22003385
[26]2003: title=Wikipedia:Toch_een_paar_regels&direction=next&oldid=91516, 2004: title=Wikipedia:Toch_een_paar_regels&direction=next&oldid=574931 [27]http://af.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Beleid&direction=next&oldid=10632
[28]http://af.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Beleid&oldid=686016
[29]http://af.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Welkom_nuwelinge&oldid=598387
[30]http://fy.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedy:Wat_is_Wikipedia&oldid=61870
[31]https://fy.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedy:Dochs_wat_regels&oldid=662504
[32] Martin Haase in: C-Radar 091105, "Elitarismus". 1:47.
[33]Andrew Lih: The Wikipedia Revolution. Hyperion, New York 2009, S. 148.
[34]http://nl.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Relevantie&oldid=21657219#Films
[35]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Relevanzkriterien&oldid=77169900#Filme
[36]http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Notability_%28films%29&oldid=370128379
[37]http://nl.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Relevantie&oldid=22021626.
[38]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Relevanzkriterien&oldid=79548639
[39]http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Notability_%28people%29&oldid=387953165
[40]Siehe dazu den Artikel „Metropolis“ in der englischsprachigen Wikipedia https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Metropolis&oldid=699712660
[41]title=Portal:Sport/Relevanzkriterien_Mannschaftssport&oldid=77115860 [42]http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:WikiProject_Football/Fully_professional_leagues&oldid=374839962
[43]http://nl.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Relevantie&oldid=22021626
[44]http://af.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Ensiklopediese_relevansie&oldid=655705
[45]http://fy.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedy:Siden_wiskje&oldid=343341, http://fy.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedy:Wat_is_Wikipedia_NET&oldid=225002
[46]Die folgenden Beispiele anhand von Ulrich Ammon: Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Problem der nationalen Varietäten. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1995, S. 5.
[47]Siehe Heinz Kloss: Die Entwicklung neuer germanischer Kultursprachen seit 1800. 2. Auflage, Schwann: Düsseldorf, 1978.
[48]http://lists.wikimedia.org/pipermail/foundation-l/2005-November/005171.html
[49]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=List_of_Wikipedias&oldid=2277420#Deprecated.2C_moved_and_other
[50]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Language_committee&oldid=2098472
[51]Chat am 12. Januar 2011.
[52]Hinzu kommt „Wikinews“, das auf der Hauptseite nicht verlinkt ist. Es ist als Portal:Dialält-Neuigkeite realisiert, beinhaltet allerdings keine eigenen Nachrichten, sondern verlinkt auf dialektbezogene Berichte in Online-Zeitungen. Siehe zum Beispiel „Wikibooks“: http://als.wikipedia.org/w/index.php?title=Wort:Houptsyte&oldid=309938
[53]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Small_Wiki_Monitoring_Team&oldid=2259442
[54]https://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Skanwiki&oldid=15201626
[55]http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Wikipedia_Signpost/2005-05-16/Skanwiki_proposal&oldid=366487682
[56]E-Mail von Servien, 22. April und 5. Juni 2008.
[57]http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Manual_of_Style&oldid=406965216#National_varieties_of_English
[58]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Wolfgang_Amadeus_Mozart/Archiv/2005&oldid=74064048 Dies ist nur die erste von drei Diskussionen, hinzu kommen zahlreiche Diskussionen über die Nationalität Mozarts sowie über Monatsnamen und allgemeiner über die Sprachprobleme unter Deutschen, Österreichern und Schweizern.
[59]Siehe den Tenor in Michael Clyne (Hrsg.): Pluricentric Languages. Differing Norms in Different Nations. Mouton de Gruyter, Berlin / New York 1992.
[60]http://stats.wikimedia.org/EN/TablesWikipediaDE.htm#activitylevels
[61]http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spezial:Statistik
[62]https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Adminkandidaturen/Archiv/2015&oldid=149264318
[63]http://stats.wikimedia.org/EN/TablesWikipediaZZ.htm
[64]E-Mail vom 18. April 2008.
[65] http://blog.wikimedia.org/blog/2011/02/14/welcome-wikimedias-30th-global-chapter-wikimedia-espana/ siehe http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Wikimedia_chapters&oldid=2282688
[66]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Wikimedia_Deutschland&oldid=2273445
[67]http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Requirements_for_future_chapters&oldid=2204620
[68]https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=Commons:Partnerships&oldid=183832701
[69]E-Mail vom 22. Mai 2008.
[70]E-Mail vom 18. April 2008.
[71]E-Mail vom 21. Mai 2008.
[72]E-Mail von Woolters vom, 12. April 2008.
[73]E-Mail von Ni'jluuseger vom 10. April 2008.
[74]E-Mail von Servien vom 22. April 2008.
[75]E-Mail vom 20. April 2008.
[76]http://muddybtz.blog.com/2010/07/16/what-happened-on-the-google-challenge-the-swahili-wikipedia/
[77]http://www.telegraphindia.com/1100714/jsp/frontpage/story_12681775.jsp vom 14. Juli 2010.
[78]http://www.gossamer-threads.com/lists/wiki/foundation/222866
[79]http://www.wikibhasha.org/wikibhasha/tour.htm bei 0:35
[80]Bericht auf http://zikoblog.wordpress.com/2010/10/18/wikibhasha-ingenious-but-not-helping/
[81]http://blog.wikimedia.org/2015/04/08/the-new-content-translation-tool/
[82]https://fy.wikipedia.org/w/in