Die Veranstaltung von History@Debate zum 8. Mai 1945 wurde über Twitter rege kommentiert und mitgestaltet. Während der 90-minütigen Debatte zwischen Prof. Dr. Paul Nolte und Prof. Dr. Sönke Neitzel erschienen im Kurznachrichtendienst rund 200 Kommentare und Fragen aus der Netzgemeinde, aber auch aus dem Publikum im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums in Berlin, das die Diskussion vor Ort miterlebte und gleichzeitig twitterte. So auch die Historikerin Janine Noack. Sie promoviert zurzeit als assoziierte Doktorandin am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) zur Computerisierung der Bundeswehr und der NVA und arbeitet am ZZF in der Redaktion von www.zeitgeschichte-online.de mit. Wir wollten von ihr wissen, wie sie History@Debate und den zeitgleichen Einsatz von Twitter erlebt hat und zu welcher Einschätzung sie rückblickend kommt.
"Neue Perspektiven auf eine bestimmte Fragestellung"
L.I.S.A.: Frau Noack, Sie haben im Deutschen Historischen Museum in Berlin die Diskussion von History@Debate zum 8. Mai 1945 verfolgt. Wie hat Ihnen die Debatte gefallen? Hat Sie etwas überrascht? Gab es eine Kontroverse?
Noack: Die Diskussion hat mir gut gefallen, auch wenn keine großen Kontroversen behandelt wurden. Spannend fand ich vor allem das Format. Da es nur kurze einführende Vorträge gab und ansonsten alle Diskussionspunkte in der Runde besprochen wurden, kamen immer wieder neue Perspektiven auf eine bestimmte Fragestellung auf. Besonders spannend fand ich die Frage, wie stark die Erinnerung an den 08.05.1945 tatsächlich im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Die Diskussion ergab, dass ein stärkerer Dialog mit einer breiten Öffentlichkeit wichtig ist. „Die Erinnerung an den Krieg müssen wir uns mühsam wieder erarbeiten“, erwähnte Paul Nolte in diesem Kontext. Ebenfalls spannend war die Frage, welche Formen der Geschichtsschreibung für die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg adäquat sind. Sönke Neitzel plädierte an dieser Stelle beispielsweise dafür, nicht nur Musternarrative zu schreiben wie zum Beispiel Tony Judt oder Eric Hobsbawm, sondern auch Widersprüchlichkeiten zuzulassen, Zeitzeugen Raum zu geben und die Geschichtsschreibung nicht national zu verengen.