Am 27. April 2012 stellt das Akademie-Vorhaben Edition der Briefe Philipp Jakob Speners (1635–1705) vor allem aus der Berliner Zeit (1691–1705) seine Arbeit im Akademie-Kolloquium vor. Leiter des Projekts ist Professor Dr. Udo Sträter, Rektor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Freitag, 27. April 2012, 11.15 Uhr–13.00 Uhr,
Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Karl-Tauchnitz-Str. 1, 04107 Leipzig
Die Briefe Philipp Jakob Speners (1635–1705), des Begründers des lutherischen Pietismus, sind nicht nur für die Erforschung der Anfänge des Pietismus, der bedeutendsten Erneuerungsbewegung des Protestantismus seit der Reformation, sondern für die Kirchen- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit überhaupt Quellen ersten Ranges. Sie sind teils handschriftlich überliefert und in Archiven und Bibliotheken weit über Deutschland hinaus zu finden, teils liegen sie gedruckt in alten, von Spener selbst besorgten oder postumen Sammlungen vor, die als historische Quellen bisher kaum benutzbar waren, weil in ihnen regelmäßig die Namen der Adressaten sowie oftmals Hinweise auf unmittelbar beteiligte Personen getilgt worden sind. Um die Wende des Jahres 1688/89 berichtet Spener, er habe im zurückliegenden Jahr 622 Briefe geschrieben, etwa 300 müssten noch beantwortet werden. Ca. 3500 Briefe aus diesem enormen epistolographischen Werk des Begründers des Pietismus sind bis heute überliefert.
Nicht allein die Quantität dieses Briefkorpus ist für die Forschung der frühen Neuzeit von großer Bedeutung. Mit ihm wird vielmehr eine Kommunikationsschnittstelle in verschiedene Dimensionen markiert. Speners Korrespondenten waren nicht nur Theologen an der Universität und einfache Gemeindepfarrer, sondern er wechselte ebenso Briefe mit Philosophen wie Gottfried Wilhelm Leibniz und Christian Thomasius, mit Politikern und Juristen wie Veit Ludwig von Seckendorff und Samuel Pufendorf oder auch Naturwissenschaftlern wie Ehrenfried Walther von Tschirnhaus. Zu seinen Korrespondenten gehörten Mitglieder europäischer Königshäuser wie die schwedische Königin Ulrike Eleonore, aber auch Menschen aus den einfachsten sozialen Schichten. Die letzteren treten erst seit seiner Wirkungszeit als Oberhofprediger in Dresden und Propst in Berlin in den Fokus der Forschung. Mit der historisch-kritischen Veröffentlichung dieses Briefwechsels wird nicht nur für die theologie- und geistesgeschichtliche Erforschung im Vorfeld und Übergang zur Aufklärung eine bedeutsame Quelle bereitgestellt, sondern auch die sozialgeschichtliche Bedeutsamkeit des Pietismus wird aus dem Blickwinkel der Korrespondenz Philipp Jakob Speners neu beleuchtet. Dadurch und durch die genaue Kommentierung erhält eine bisher weithin im Dunkeln liegende Epoche frühneuzeitlicher Religions- und Kulturgeschichte erstmals deutlichere Konturen.
Vorträge
Prof. Dr. Udo Sträter:
Die Edition des Briefwechsels von Philipp Jakob Spener als Projekt der Pietismusforschung
Dr. Klaus vom Orde:
Zum Korrespondentennetz seit der Dresdner Wirksamkeit Philipp Jakob Speners und zur Durchführung der Editionsarbeit
Claudia Neumann:
Philipp Jakob Speners Briefwechsel mit seinem Schwiegersohn Adam Rechenberg in Leipzig
Mit anschließender Diskussion.
Interessenten sind herzlich willkommen.
Weitere Informationen unter
http://www.saw-leipzig.de/aktuelles/akademie-kolloquium-spener-briefwechsel