Am 14. und 15. September 2011 fand in der Humboldt Universität in Berlin die Tagung ".hist2011 - Geschichte im digitalen Wandel" statt. Mehr als 200 Teilnehmer und Besucher diskutierten über neue Entwicklungen und aktuelle Fragen und Herausforderungen, die für die Geschichtswissenschaft durch den digitalen Wandel entstehen. Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der Redaktionen von H-Soz-u-Kult und L.I.S.A. organisiert. In einer kleinen Reihen werden wöchentlich die wichtigsten Vorträge, Diskussionen und Werkstattberichte veröffentlicht.
In der Sektion 4 Grenzverschiebungen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit kam der abschließende Beitrag von Privatdozentin Dr. Maren Lorenz von der Universität Hamburg, die sich kritisch über das Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit äußerte. Wer hat die Deutungshoheit über historische Themen?
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Und um Wikipedia oder andere Projekte habe ich keine angst. Weiß ich doch selbst um die Dichte der Fachleute dort. Die sich leider nicht immer trauen sich zu melden - da die Unterschwellige angst besteht, dann nicht mehr ernst genommen zu werden. Wer Karriere in der Geschichtswissenschaft machen möchte, darf lieber nicht sagen, daß er/sie dort aktiv ist. Bei Philologen oder Archäologen ist dieser "Standesdünkel" weitaus geringer ausgeprägt. Die Frage ist also gar nicht Wikipedia oder ein anderes Projekt. Sondern ob die Abwehrhaltung einiger Personen so sinnhaft ist - statt der Mitgestaltung. Am Ende ist Wikipedia eh ein schlechtes Beispiel, da es ein reiner Rezeptionsort ist und keiner der Forschung. Das ist aber auch ein Problem, daß viele Akademiker nicht verstehen wollen oder können (obwohl das doch auch immer ein Argument den Studenten gegenüber ist, Wikipedia nicht zu nutzen ;)).
Ihr letztes Statement sehe ich im übrigen wie sie das Meine eher gegen ihre Argumentation gerichtet. Denn ihr wenn auch etwas anderes aussagen wollendes Fazit ist womöglich korrekt.
Wie auch immer. Wikipedia hat letztes Jahr das Angebot an die Altertumswissenschaftler gemacht, dieses Jahr kommt es an die Bibliotheken, Anfang nächstes Jahr an die Archäologen. Wir versuchen weiter mit der "akademischen Welt" in Kontakt zu treten. An uns soll das ja alles nicht liegen. Aber mehr als die Angebote machen können wir schlicht nicht. Wenn dann weiter die Schlechtigkeit der Welt beklagt wird, statt versucht wird sie mit zu ändern und zu prägen, muß man an manchen Aussagen auch zweifeln. Dann wären wir wieder beim Elfenbeintum und dem beschworenen Kontrollverlust über etwas, das man noch nie kontrollierte.
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hier mit Sokrates zu kontern, geht leider völlig an der Sache vorbei, denn weder ich noch Frau Lorenz haben eine grundsätzliche Verdorbenheit der jüngeren Generation beklagt, und ich habe auch nicht den Untergang des Abendlandes ausgerufen. Für meine Begriffe kokettiert Frau Lorenz im übrigen auch eher mit dem Begriff Kulturpessimismus, denn tatsächlich geht es um den pragmatischen Umgang der Wissenschaft (wobei man natürlich immer nur für sich selbst sprechen kann) mit Phänomenen, die aufgrund jüngerer technischer Möglichkeiten zu beobachten sind und mit denen man sich irgendwie auseinandersetzen muss, zumal wenn man einen Lehrauftrag hat.
Es geht also nicht darum, etwa Wikipedia zu bekämpfen oder zu ignorieren, aber angesichts dessen was Wikipedia qualitativ bietet und welche Erfahrungen im Umgang mit Wikipedia beispielsweise bei Studenten zu beobachten sind, ist es schlichtweg unsere Aufgabe, dazu Stellung zu beziehen und sich zu überlegen, in welcher Weise man dieses Medium selbst nutzt oder eben auch nicht nutzt bzw. zu welchem Umgang mit diesem Medium man rät.
Mit Totschlagargumenten kommt man hier jedenfalls nicht weiter. Denn Ihrer Frage, warum die Menschheit solcher Unkenrufe zum Trotz bis heute existiert, könnte man, wenn man bösartig sein wollte, entgegenhalten, dass es sich dann auch nicht lohnt gegen den Klimawandel anzukämpfen, denn immerhin hat die Menschheit ja auch das Waldsterben der 1980er Jahre überlebt ....
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Kulturpessimismus ist ja nichts Neues. Und dennoch existiert die Menschheit allen Unkenrufen zum Trotz immernoch. Manchmal frage ich mich - wie konnte das nur passieren?
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Viele Aspekte, die Sie im Hinblick auf den Verlust der Deutungshoheit der Wissenschaft ansprechen, sind indes nicht neu. Erinnert sei etwa im Zusammenhang mit dem von Ihnen angesprochenen zweifelhaften Erfolg des "Freizeitlehrers" Salman Khan an Erasmus von Rotterdam, der ja schon im frühen 16. Jahrhundert darauf hinwies, daß die "Weisen" für das Lob "ein paar Halbblinder" ihre Gesundheit und ein beschauliches Leben opfern, während solche, die noch so kindische Kindereien verzapfen, von allen "Toren und Banausen" in den Himmel gehoben werden. Denn "was bedeuten die Stimmen der Handvoll Weisen, wo eine so riesige Übermacht sie niederschreit". Ich möchte die Vertreter der Wissenschaft jetzt nicht per se als "Weise" bezeichnen und alle anderen als "Toren und Banausen" abqualifizieren, aber wenn man sich manche Entwicklung heutzutage so anschaut, dann kann einem in der Tat angst und bange werden (auch um die Demokratie, wie Sie das in Ihrem Schlußwort ja andeuten). Da fühlen sich etwa Laien dazu berufen, geologische Gutachten wie im Falle Stuttgart 21 ohne Fachkompetenz beurteilen zu wollen (was nicht bedeutet, daß man Ingenieuren blind vertrauen muß), und einer Partei, bei der kein Mensch bisher weiß, wofür sie eigentlich steht, fliegen die Herzen der Menschen und Medien zu, nur weil ihre Vertreter als erfrischend sympathisch empfunden werden und man offenbar den Sinn und die Vorteile einer repräsentativen Demokratie nicht (mehr) versteht.
All das hat es irgendwie schon immer gegeben, aber die neuen Möglichkeiten der Vernetzung und das Hinterherhinken der Ausbildung der erforderlichen Kompetenzen hinter der technischen Entwicklung stellen eine kaum einschätzbare Herausforderung dar. Durch Ihren Beitrag haben Sie hier klar von seiten der Wissenschaft Stellung bezogen. Wir brauchen in der Tat nicht mehr Wissenschaftler, die auf allen Kanälen bloggen und twittern und für eine permanente Netzpräsenz Ihre Forschung vernachlässigen. Aber wir brauchen Wissenschaftler, die sich im Netz auskennen, seine Vorteile selbst nutzen und diese Vorteile im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Tätigkeiten in Forschung und Lehre weitervermitteln, um dann auch auf breiter Front Fehlentwicklungen gewissermaßen auf denselben Kanälen entgegenwirken zu können. Da liegt eine gewaltige Herausforderung noch vor uns, und wenn ich die Arbeitsweise und Verhaltensweise mancher meiner Studenten mit und im Netz so anschaue, dann haben wir den Teil einer Generation in puncto Medienkompetenz schon verloren.
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http://blog.wikimedia.de/2011/09/16/die-sache-mit-der-deutungshoheit/