Für die dOCUMENTA (13) entwarf der Künstler Seth Price gemeinsam mit dem Modedesigner Tim Hamilton eine Modekollektion, die - teils innen, teils außen - mit Sicherheitsmustern der Briefumschläge verschiedener Geldinstitute in Form einer Camouflage überzogen ist. Diese Muster bestehen aus einem im Rapport wiederholten Logo oder einer abstrakten Darstellung. Neben Tim Hamiltons üblichen Händlern konnten die Stücke während der dOCUMENTA (13) im Kasseler Kaufaus SinnLeffers, direkt neben dem Fridericianum erworben werden. Darüber hinaus entstand eine zweite Werkgruppe, die innerhalb der Ausstellungsräume präsentiert wurden, bestehend aus Tafelbildern und Stoffobjekten, die sich in ihrem Schnitt kaum noch an menschlichen Proportionen orientieren.
Die Kleidungsstücke und Objekte unter dem Reihentitel Folklore U.S. befinden sich, vor allem innerhalb doppelten mehrfachen Ausstellungssituation, in einem deutlichen Spannungsfeld: Kleidung soll als Umhüllung den Körper vor Witterung, aber auch als Kulturtechnik vor fremden Blicken schützen - insbesondere durch die hier vorgenommene Spezifizierung als Tarnkleidung. Gleichzeitig besitzt sie ein inszenatorisches, sogar expositorisches Potential, ist auch Schmuck, dient zur Darstellung der Individualität des Trägers - Aspekte, die durch die Camouflage unterwandert werden könnten.
Der Vortrag soll in Bezug auf das in den Arbeiten aufscheinende Motiv der Camouflage Praktiken des Verbergens und Darstellens der künstlerischen Arbeit in verschiedenen räumlichen und institutionellen Kontexten untersuchen.
Die Arbeit von Seth Price tritt durch die Möglichkeit des Kaufs sofort wieder in den Markt - und nicht etwa nur in den Kunstmarkt - ein, der sie als selbstbestätigendes System vereinnahmt und deren angenommene Aussage scheinbar ad absurdum führt. Wie sollte ein begehrter Konsumartikel kritische Aussagen über Konsum und Finanzen beinhalten können? Erst durch die Haltung des Trägers eines solchen „statement clothing“ zeigt sich, ob dieser selbst zur Zielscheibe dieser Kritik wird oder bewusst aus der Deckung geht und seine eigene Verstrickung in die Welt des Kommerz und die dazugehörigen Verhaltens- und Denkmuster offen zur Schau stellt.
Tim Pickartz studierte Kunst, Philosophie und Germanistik an der Universität Paderborn und erlangte 2010 sein Erstes Staatsexamen. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und hat Lehraufträge im Fachbereich „Kunst und Kunstvermittlung“ der Universität Paderborn und promoviert über Kuratorische Praxis, Kunstvermittlung und Vermittlungskunst auf der dOCUMENTA (13). 2012 war er Worldly Companion der Abteilung Vielleicht Vermittlung und andere Programme der dOCUMENTA (13).