Vormittags kurzer Marsch von Plawno nach Piaski. Um unseren Pferden Ruhe zu verschaffen, sind wir aus der Gefechtsstaffel herausgezogen worden. Nachmittags nach Czenstochau gefahren. Unterwegs stellte sich heraus, dass Wagen u Pferde, die mein polnischer Bursche besorgt hatte, uns vom Sänger Edouard de Reszke geliehen seien, der der Besitzer des benachbarten Gutes Garnek ist. In Czenstochau beim A.O.K. gegessen. Es hat im Polnischen Club sich ein Casino eingerichtet. Hindenburg, breit und schwer wie ein etwas bäuerlicher Olympier sass vor. Es wird unter ihm ein neues Hauptquartier, ein Hauptquartier des Ostens, gebildet, und Mackensen bekommt unsere Armee. Die Russen sollen mit grossen Kräften weiter nördlich von uns auf Posen vorstossen. Im A.O.K. viele Erörterungen, wer hier bei der 9ten Armee bleibt und wer von Hindenburg ins neue Hauptquartier mitgenommen werden soll. In einem solchen A.O.K. sind fast nur ausgesiebte Leute, die Carrière machen wollen; Jeder ist eines Jeden Feind, und doch müssen Alle zu einem Ziel zusammenwirken; das ergiebt merkwürdige Spannungsverhältnisse; fast wie in einer Theatertruppe.
1 November 1914. Sonntag. Czenstochau
Tagebucheintrag Harry Graf Kessler
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