Die Menschen glaubten im antiken Griechenland vor 2500 Jahren an viele Götter. Jeder von ihnen war für einen anderen Bereich zuständig. Poseidon ist der Gott des Meeres, Demeter die Göttin des Getreides und Hephaist der Gott der Schmiede. Aber eigentlich ist es viel komplizierter: Athena beschützt die Städte gegen angreifende Feinde, sie hilft aber auch den Handwerkern bei ihrer Arbeit und hat den Menschen den Olivenbaum geschenkt, dessen Öl für die Ernährung, die Kosmetik und als Beleuchtung unentbehrlich ist.
Die griechischen Götter sind uns fremd und vertraut zugleich. Wir kennen viele ihrer Symbole, wie den von einer Schlange umwundenen Äskulapstab, den jede Apotheke als Leuchtreklame verwendet, den Flügelhut des Götterboten Hermes oder den Dreizack des Meeresgottes Poseidon. Die antike Vorstellung von einem Gott unterscheidet sich aber grundlegend von unserem heutigen Gottesbild. Die griechischen Götter werden geboren, sind aber unsterblich. Sie zeugen selbst andere Götter, Halbgötter und Helden, so dass sich im Altertum manche Familien direkt auf sie zurückführen können.
Die antiken Griechen sind im Alltag ständig von den Göttern umgeben. Jede Mahlzeit ist von Spende und Gebet begleitet und fast jede menschliche Tätigkeit betrifft den Wirkungsbereich eines Gottes. Die religiösen Feste rhythmisieren den Jahreslauf und festigen den Zusammenhalt der Gemeinschaft.
Unser Wissen von den Göttern der Griechen ist aber stark eingeschränkt. In mittelalterlichen Klöstern wurde die antike Literatur selektiv bewahrt und dabei vom antiken ‚Heidentum‘ – nicht überraschend – ein eher negatives Bild gezeichnet. Mit der Renaissance, der Wiedergeburt der Antike, wendet sich das Interesse an der Antike wieder ins Positive. Die negative Vorauswahl der Schriftquellen durch das Mittelalter begrenzt unsere moderne Sicht der Götter Griechenlands allerdings immer noch.
Von herausragender Bedeutung sind deshalb die archäologischen Zeugnisse der Antike. Sie erweitern unsere Vorstellung von der griechischen Götterwelt ganz erheblich, denn sie zeigen Darstellungen der Götter und der mit ihnen verbundenen Geschichten, der Mythen. Die Bilder wurden von Menschen hergestellt, die an diese Götter glaubten und sind deshalb von großer Unmittelbarkeit. Wer in eine völlig andere religiöse Vorstellungswelt eintauchen möchte, kann dies in den Antikensammlungen und der Glyptothek am Königsplatz tun. So vermitteln die Bilder der ekstatischen Wirkung des Weingottes Dionysos einen lebhaften Eindruck von der Macht der Gottheit. Andere Götter dagegen, wie der Totengeleiter Hermes, begleiten die Seelen der Verstorbenen persönlich bis zu den Toren der Unterwelt.
Schmuckstücke mit Darstellungen des Gottes Eros unterstreichen die Schönheit der Trägerin, Vasenbilder zeigen den Blitze schleudernden Zeus und Apoll steht mit der Kithara überlebensgroß vor uns in der Glyptothek. Das menschengestaltige Bild der griechischen Gottheiten besitzt eine besondere Faszination, denn die Griechen haben ihre Götter nach dem eigenen Bilde geformt und nicht umgekehrt. Die Unsterblichen sind den Menschen ähnlich, doch nicht wie sie.
Die Ausstellung „Die Unsterblichen – Götter Griechenlands“ verteilt sich auf beide Museen am Königsplatz, wobei der Schwerpunkt auf den Antikensammlungen liegt. Dies verdeutlicht die große Athenastatue, die schon seit einiger Zeit vor dem Haus steht und – wie die Reaktionen der Passanten zeigen – ein echter Blickfang ist. Die Gestaltung der Figur basiert auf einer großen Büste in der Glyptothek und weiteren Beispielen des Figurentyps in anderen europäischen Museen. Die Göttin macht mit ihren strahlend blauen Augen und ihrem metallischen Glanz einen tiefen Eindruck auf den Betrachter, so wie ihn antike Bronzestatuen auf die Menschen in der Antike gemacht haben.
Die Ausstellung in den Antikensammlungen stellt zunächst die zwölf olympischen Götter – die griechischen Hauptgötter – näher vor. Dank der reichen Sammlungsbestände des Museums, ergänzt durch Leihgaben aus dem In- und Ausland, können alle Gottheiten durch herausragende Werke der Vasenmalerei, Bronze- und Terrakottaskulptur, durch Münzen und Edelsteine illustriert werden. Ausführlich dargestellt wird auch die Machterringung der Götter, denn der Göttervater Zeus war nicht von vorneherein der Herrscher auf dem Olymp.
Thematisiert werden in der Ausstellung auch die „kleineren“ Götter, wie die Nymphen und andere Naturdämonen, die die griechische Landschaft belebten. Der Satz des Thales von Milet „Alles ist voll von Göttern“ trifft das Wesen der griechischen Religion durchaus. Allerdings war die antike Götterwelt nicht unveränderlich und starr. Im Gegenteil, die Griechen sahen die Götter anderer Völker und Regionen als Manifestationen ihrer eigenen Gottheiten an, die nur unter anderen Namen verehrt wurden. So haben die Griechen auch fremde Götter in ihre eigene Götterwelt integriert und ihr Pantheon ständig erweitert. In späterer Zeit legten sie auch den Grundstein zur Vergöttlichung von noch lebenden Menschen, eine Entwicklung, die im hellenistischen und römischen Herrscherkult gipfelte.
Das Verhältnis der Götter zu den Menschen und umgekehrt das der Menschen zu den Göttern kann in der Ausstellung ebenso vielfältig dargestellt werden wie die Gottheiten selbst. Götter verlieben sich in Menschen, aber Menschen freveln auch gegen die Götter, wofür eine harte Strafe unausweichlich ist. Sisyphos zum Beispiel, der die Pläne des Zeus verraten hatte, musste in der tiefsten Unterwelt für alle Zeiten einen großen Felsen bergauf wälzen, nur um dauernd zu erleben, wie all seine Mühen vergeblich waren, wenn der Stein den Abhang kurz vor dem Ziel wieder herabrollte.
Verehrt wurden die Götter nicht nur zu Hause, am heimischen Herd, der zugleich auch ein Altar war, sondern vor allem auch in Heiligtümern, wo man den Göttern Opfer darbrachte und zu ihnen betete. Prachtvolle Kultbilder schmückten die Tempel, die, wie zum Beispiel der Aphaia-Tempel auf Ägina, selbst reich mit Figuren versehen waren. Die Glyptothek kann diesen Aspekt besser veranschaulichen als jedes andere Museum in Deutschland, denn die Giebelfiguren des Tempels bilden ihr Zentrum. Ins Heiligtum brachte man auch Weihgaben, Geschenke für die Gottheiten, und hier errichteten Privatleute, Herrscher und Staaten Monumente zu Ehren der Götter und zum eigenen Nachruhm.
Die fehlende Orthodoxie der Griechen in religiösen Fragen führte zu Religionskritik von philosophischer Seite. Hier wurden jedoch Grenzen religiöser Toleranz bisweilen auch überschritten, denn die Leugnung der Existenz der Götter konnte mit dem Tode bestraft werden. Das Verwerfliche dieser Gottlosigkeit war aber weniger die Beleidigung der Götter, als die Abkehr von den gemeinschaftsstiftenden Ritualen des Staates. Das Ende der antiken Religion ist dann auch die Folge des Verlustes dieser sinnstiftenden Funktion des Glaubens an die unsterblichen Götter.
(Offizieller Pressetext der Ausstellung)
Die Unsterblichen – Götter Griechenlands
20. Juli 2012 – 7. Juli 2013
Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr
Mittwoch Antikensammlungen 10 – 20 Uhr
Donnerstag Glyptothek 10 – 20 Uhr
Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek
Königsplatz
80333 München
info@antike-am-koenigsplatz.mwn.de
www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de