Die Meisterschaft in der 50jährigen Fußball-Bundesliga ist so früh entschieden wie noch nie zuvor. Der FC Bayern München hat die Schale bereits am 28. Spieltag unter Dach und Fach. Der Meister der vorherigen zwei Jahre - der Ballspielverein Borussia 09 Dortmund - spielt nun um den zweiten Platz. Obwohl der Unterschied dieses Jahr so eklatant ausfällt, bleibt es dabei, dass es vor allem diese beiden Clubs sind, die zurzeit die Gegenwart in der höchsten Klasse des deutschen Fußballs bestimmen. Das war nicht immer so. Im Gegenteil. In der Vergangenheit hatte der Verein aus München in der Regel die Nase vorn. Im Ruhrgebiet gaben lange Zeit ganz andere Vereine den Ton an, die sich noch am ehesten mit den Bayern messen konnten. Der BVB spielte lange Zeit eher eine untergeordnete Rolle. Wir haben mit dem Publizisten und Fußballexperten Dietrich Schulze-Marmeling über die Entstehungsgeschichte und die anschließende Entwicklung beider Clubs gesprochen.
"Das Sozialprofil beider Vereine war anfangs sehr unterschiedlich"
L.I.S.A.: Herr Schulze-Marmeling, Sie haben zwei Bücher zur Geschichte der aktuell dominierenden deutschen Fußballvereine geschrieben – zu Borussia Dortmund und Bayern München. Wenn Sie die Entstehungsgeschichte beider Clubs vergleichen – geht die Gegenüberstellung Arbeiterverein vs. Bürgerlicher Verein auf? Hatten beide Clubs ähnliche Startbedingungen?
Schulze-Marmeling: Die Anfänge sind völlig verschieden. Der FC Bayern war anfangs ein Klub der Künstler und Studenten, beheimatet in Schwabing und der Maxvorstadt, also den Straßen um Universität und Kunstakademie. Der Klub pflegte zunächst ein elitäres Selbstverständnis. Die Fußballer waren Teil einer bürgerlich-modernistischen Bewegung.
Borussia Dortmund erblickte erst neun Jahre nach den Bayern das Licht der Welt, in der Dortmunder Nordstadt und im Schatten des Hoesch-Stahlwerkes. Der BVB war auch nicht Dortmunds erster Fußballclub. Das war der Dortmunder Fußball-Club 95, gegründet von Schülern eines Realgymnasiums in der Stadtmitte. Auch in Dortmund war der Fußball also zunächst eine bürgerliche Angelegenheit. Zum „Arbeitersport“ wird er erst nach dem Ersten Weltkrieg.
Bayern und BVB bestanden zunächst aus Zuwanderern. Aber während es sich im Falle des FC Bayern eher um „mobile Eliten“ handelte, wurde der BVB zur Heimat von Arbeitsimmigranten, die sich in der Stahlindustrie oder im Bergbau verdingten. Der BVB ging aus einer Jünglingssodalität der katholischen Dreifaltigkeitsgemeinde hervor, die Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurde, um die zugewanderten Menschen, die in ihrer Mehrheit katholisch waren, seelsorgerisch zu betreuen. Die Initiatoren der BVB-Gründung waren allerdings nicht alle Arbeiter, die meisten von ihnen waren zu Angestellten aufgestiegen. Heinrich Unger, der erste BVB-Präsident, war der Sohn eines Hoesch-Schmieds, war aber selber später bei der Hoesch AG im Einkauf tätig. Franz Jacobi, der eigentliche Motor des Vereins in seinen ersten Jahren, war Hüttenbeamter bei Hoesch. Das Sozialprofil beider Vereine war also anfangs sehr unterschiedlich.
Bild: Schulze-Marmeling
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vielen Dank für den interessanten Hinweis. Ansonsten berufen wir uns gerne auf die Antwort von Herrn Schulze-Marmeling, der den ungewollten Tenor in unserer Frage bereits korrigiert.
Viele Grüße, Ihre L.I.S.A.Redaktion
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Da hat Herr Hoeneß mit seinem Spruch, der BVB sei eine eine "relativ regionale Sache" wieder einmal ganze (Öffentlichkeitsarbeit-)Arbeit geleistet. Auch hier im Interview wird das als gegebener Fakt verbucht.
Die Daten für Deutschland sehen allerdings etwas anders aus. Vgl. http://www.spiegel.de/sport/fussball/fc-bayern-hat-die-meisten-fans-in-deutschland-a-854316.html
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