Sie kannten sich bereits vom Kölner Lehrstuhl des Historikers Theodor Schieder, dessen Assistenen sie waren: Hans-Ulrich Wehler, den es anschließend über Umwege nach Bielefeld zog und Otto Dann, der in Köln geblieben ist. Nachdem wir Anfang der Woche mit einem Wehler-Schüler, Prof. Dr. Paul Nolte, gesprochen haben, wollten wir nun wissen, wie sich ein Historiker-Kollege aus der selben Generation an Hans-Ulrich Wehler erinnert. Prof. Dr. Otto Dann hat unsere Fragen beantwortet.
"Star der nach links tendierenden Studenten"
L.I.S.A.: Herr Professor Dann, Sie kennen Hans-Ulrich Wehler noch aus der Zeit, als Sie gemeinsam in Köln am Lehrstuhl von Theodor Schieder gearbeitet haben. Wie erinnern Sie sich persönlich an den jungen und auch an den späteren Hans-Ulrich Wehler?
Prof. Dann: Als ich im Herbst 1967 von Heidelberg auf eine Assistentenstelle bei Professor Theodor Schieder an die Universität Köln wechselte, stand ich am Ende meiner Dissertation und traf im Historischen Seminar auf eine Gruppe älterer Assistenten, die sich habilitierten, darunter Wolfgang Mommsen, Lothar Gall und Hans-Ulrich Wehler. Wehler arbeitete als Assistent nicht mehr bei seinem Doktorvater Schieder, sondern bei Professor Erich Angermann am Lehrstuhl für anglo-amerikanische Geschichte. Er konnte sein Habilitationsverfahren im Jahr 1968 abschließen und als Privatdozent eine Lehrtätigkeit beginnen, die im Zusammenhang der Studentenbewegung attraktiv war und sich erfolgreich entwickelte. Mit einer sozialkritischen, tendentiell neomarxistischen Position wurde Wehler zum Star der nach links tendierenden Studenten. In der persönlichen Begegnung war er aufgeschlossen, mitteilsam und mit seinen kritischen Urteilen vielfach anregend.