Das Runenkästchen von Auzon (auch Franks Casket) ist ein mit Abbildungen und Runen verziertes Kästchen aus Walknochen, welches Anfang des 7. Jahrhunderts (?) im angelsächsischen Northumbria, wohl im klösterlichen Umfeld, hergestellt wurde. Heute befindet es sich im Britischen Museum in London.
Das Runenkästchen ist aus Walknochen (nicht etwa aus Walroßzahn!) gefertigt. Die Materialangabe war kein Qualitätssiegel (wie z.B. 'echt Plastik'), sondern betonte die Wirksamkeit des Knochens, den man als Sitz der Kraft des 'Fisches' ansah, ähnlich wie die Kraft der Heiligen besonders in deren Knochen vermutet wurde. Manche Materialien (bestimmte Hölzer, Knochen oder Metalle) hielt man für speziell geeignet, magische Runen (eventuell mit Blut gerötet) zu tragen, andere wird man gemieden haben.
Wegen der Plattengröße wird man dafür Knochenteile vom Kiefer des Tieres verwendet haben. Die Tafeln haben folgende Maße:
Vorder- und Rückseit: ca. 23 cm x 10.5 cm
die Schmalseiten: ca. 19 cm x 10.5 cm
der Deckel (soweit erhalten): ca. 22.5 cm x 8.5 cm
Die vier Seitenplatten sind mit je zwei Zapfen an den Schmalseiten in die vier rechtwinkligen Streben eingelassen, die so die senkrechten Außenkanten bilden. Wie Bohrlöcher erkennen lassen, waren Platten und Streben durch Stifte fest miteinander verbunden. Silberne Laschen verdeckten diese unbearbeiteten Stellen. Die Bodenplatte war in die so zusammengefügten Platten und Kanten eingelassen.
Der Deckel, von dem allein die mittlere Bildleiste erhalten ist, war auf ähnliche Weise mit den jetzt fehlenden Teilen verbunden. Ursprünglich hat er, wie die ausgesparte Stelle dort zeigt, einen kreisrunden Beschlag getragen. Gewöhnlich vermutet man hier einen knopfförmigen Griff; nach unserer Deutung eher eine Scheibe als Symbol der Sonne. Dieser Beschlag, wie auch Schloss und Eckverbindungen waren, wie die Fundgeschichte behauptet, aus Silber gefertigt.
Demnach befand sich das Kästchen Mitte des 19. Jh. im Besitz einer Bürgerfamilie in Auzon, Haute Loire (Frankreich). Dort hatte es als Nähkästchen gedient, bis ein Sohn des Hauses die Silberteile demontierte, um sie zu 'versilbern', d.h. für einen Silberring einzutauschen. Damit zerfiel der Behälter in seine Einzelteile. Diese nun entdeckte ein Professor Mathieu aus dem nahen Clermont-Ferrand, der sie an einen Antiquitätenhändler in Paris vermittelte. Dort entdeckte sie 1857 der Kunstsammler und Archäologe, Sir Augustus W. Franks. Er erkannte als erster den angelsächsischen Ursprung der Schnitzerei, kaufte sie auf und überließ sie später dem Britischen Museum, London.
Eine Platte allerdings fehlte. Die rechte Tafel wurde später in einer Schublade bei jener Familie in Auzon gefunden und gelangte aus dem Besitz eines Herrn Carrand aus Lyon in die Sammlungen des Bargello Museums, Florenz. In London komplettiert nun ein Abguß dieser Seite das zusammengefügte Kästchen. Vermutlich sind alle Schnitzereien erhalten geblieben, während die verlorenen Stücke wohl nur mit Silberblech beschlagen waren und deshalb nicht aufbewahrt wurden.
So heißt es nun nach seinem Fundort 'Runenkästchen von Auzon' oder nach seinem Finder 'Franks Casket' und steht geschützt und klimatisiert zwischen den Funden aus der Zeit der Angelsachsen in Mittelalterabteilung des Britischen Museums. Welcher Besucher, der an dem Exponat vorbeigeht, erkennt die Bilder, kann die Inschriften lesen oder ahnt gar etwas von der geheimnisvollen Kraft, die der Meister in seinem Werk verlieh? Mit seinen Bildern aus christlicher und heidnischer Tradition sowie mit seinen runischen Texten ist das frühmittelalterliche Kunstwerk ein beeindruckendes Produkt einer synkretistischen Epoche. Bei näherer Betrachtung kann man im Bild-, Vers- und Runengebrauch eine genau durchdachte programmatische Intention erkennen. Kein Bild oder auch nur Bilddetail ist lediglich ornamental, kein Text dient allein der Erläuterung. Mit der Anbetung Christi durch die Magier (zu „Königen“ machte sie die Kirche erst später) bis hin zu der mythischen Szene auf dem Deckel des Kästchens beschwört der Runenmeister emblematisch den Lebensablauf eines edlen Kriegsherrn von der Geburt bis zu Tod und dem Einzug ins Jenseits, das hier als Walhall gesehen wird. Da es sich sehr wahrscheinlich um ein Schatzkästchen handelt, dürfte es einem König gehört haben, der daraus sein Gefolge mit feohgift (Ringe usw.) entlohnte und somit ehrte. Hier könnte man an Edwin, König von Northumbria (reg. 616–632; getauft 627) oder den heidnischen König Penda von Mercia (†655) denken.
Aber was macht dieses Objekt so einmalig, so einzigartig unter all den frühmittelalterlichen Erbstücken vom Manuskript bis zur Ritterrüstung?
- An erster Stellesind es die Runentexte, - die vier Seiten tragen weit mehr dieser Schriftzeichen, als jeder andere Runenfund.
- Mehr noch, die „Verse vom Wal“ (Vorderseite) sind die älteste, im Original erhaltene Stabreimdichtung.
- Zudem gibt es kein anderes Objekt, das mit seinen Bildthemen vergleichbar „enzyklopädisch“ wäre, was den Ursprung in Klosternähe, jedoch ohne missionarische Ambitionen nahelegt.
Welche überragende Besonderheiten das Kästchen sonst noch verbarg, sollte unsere eigene Forschungsgeschichte noch enthüllen. Und diese begann 1965/66 mit einem Referat für ein Seminar, Old English Poetry, bei Professor K.-H. Göller an der Universität Göttingen. Die Themenliste lag aus. Ganz unten daraf: „The Verses oft the Whale“; gerade einmal zwei Verse lang.
hronæs ban
fisc flodu ahof on fergenberig
warþ ga sric grorn þær he on greut giswom
Walbein
Den Fisch erhob die Flut auf den Seelenberg
Der Geistkönig ward gram, als es auf das Geröll schwamm."
Das nimmst du! – Doch, da strandet ein „Fisch“ und wird auf einen „Fergenberg“ gespült, - ist das etwa alles?
Als sich dann herausstellte, daß sich der Originaltext in Runen auf einer Knochenplatte (Walbein, wie der Text schon besagt) befand, wechselte der Referent in spe von der Anglistik zur Skandinavistik, um sich mit dem Runenbrauch zu beschäftigen. „Absolut verkehrt!“, handelte es sich nach der herrschenden Lehre um ein „christliches“ Objekt, was das Bild der Anbetung von Jungfrau und Christkind durch die drei Weisen aus dem Morgenland, die Magier, ja belegt. Wahrscheinlich ein Reliquienschrein, den ein frommer Pilger – Mann oder Frau – mit auf den Weg nach Jerusalem genommen hat und in Auzon niedergelegt haben könnte. Aber ein heidnischer Runengebrauch würde die Spiritualität nun in Frage stellen.
Und tatsächlich führte dieser Ansatz hier zu quasi „revolutionären“ Ergebnissen, die sich auf alle Inschriften der Schachtel übertragen ließen; die Runenbegriffe entsprachen den Themen der Bilder: Die Runen entsprechen der jeweiligen Bildformel. Die Rune (F) steht für feoh (Vieh), „Reichtum“ im Sinne von Geld und Gold, - also das was der Goldschmied Wieland fertigt -, während die Rune ), gifu, also „Gabe“ heißt; genau das, was die Magier bringen. Zusammengesetzt bilden feoh und gifu das Wort feohgift, was die goldenen Kleinode für das (königliche) Gefolge bezeichnet. Mehr noch: 72 Runen bilden den Text, wobei man 24 und mehr noch das Dreifache, 72 magische Qualität zuschrieb. Dass diese Runenzahl 72 den Runenwert 720 bildet, sollte sich später noch ergeben.
Daneben hat der Schnitzer aber auch die klassischen Bildvorlagen für seine magische Absicht umgestaltet. So nimmt im Magierbild die Fylgja in Vogelgestalt den Platz des Engels ein und ein Odinsknoten interpretiert das Geschenk des dritten Magiers, - um nur dies zu nennen. Und wenn zwei Wölfe statt einer Wölfin (die Lupa) bei den Zwillingen weilen, dann läßt Woden/Odin hier grüßen.
So haben die Untersuchungen für das Referat noch mehr Aspekte aufgedeckt, weshalb dieses Kunstwerk so einzigartig ist, - der magische Gebrauch von Rune, Bild und Zahl.
Prof. Göller bewertete die Arbeit nach Rücksprache mit einem Vertreter der Skandinavistik mit „sehr gut“, nachdrücklich unterstrichen. Auf die bescheidene Frage, ob er dies denn als Ausgangspunkt für die Hausarbeit zum Staatsexamen akzeptieren würde, antwortete er kurz und knapp: „Das ist Ihre Dissertation!“ Und diese Arbeit über das Schatzkästchen des Königs entstand dann ausgerechnet da, wo einst Karl Marx sein „Kapital“ verfaßte, - im Reading Room des Britischen Museums in London, nicht sehr weit von der Vitrine, in der das Runenkästchen schlummerte, bis es dem Referenten zur Inspektion und Ablichtung in die Hände gegeben wurde. The magic touch!
Die Abhandlung „Franks Casket“ von 1969/70 erschien nach zwei Fehlstarts 1973 als Band 5 der Regensburger Reihe zur Anglistik und Amerikanistik. Doch das Thema ließ den Verfasser nicht ruhen. Auf den Spuren der „alten Schachtel“ in Nordengland begegnete er dem Autor Stephen Pollington, der die Möglichkeit der Runenwerte hinwies, Werte, die sich aus der Position der Rune in der Runenreihe ergeben. Und so ergaben die 72 Runen der „Verse vom Wal“ plötzlich den Wert 720. Ähnlich verhielt es sich mit den anderen Inschriften; und so fügten sich nach und nach die Runentexte und Bilder über ein System von Wochentagen, Monaten und Jahren zu einem Sonnen- und Mondkalender, hin zum Äon von 432000 Jahren. Die Ergebnisse stellte der Student von damals, nun Pensionär, als Webseite www.franks-casket.de ins Netz. Um die Ergebnisse zitierbar zu machen, wurden sie 2021 in Buchform auf Deutsch, und 2023, auf Englisch veröffentlicht.
Vorderseite: An der Frontplatte des Kästchens lässt sich die magische Praxis des Runenmeisters ablesen. Die Stabreimverse vom Wal, die die Bilder rahmen, haben scheinbar nichts mit den Darstellungen zu tun. Betrachtet man die beiden stabtragenden Runen jedoch näher, dann erkennt man den Bezug: Die F-Rune (feoh, Vieh) steht für den beweglichen Besitz wie Gold und Geschmeide; die G-Rune (gifu, Gabe) bezeichnet das Geschenk.
Wieland, den das linke Bild zeigt, stellt eben jenes feoh (den „geldwerten Besitz“) her, während die drei Magier auf dem rechten Bild gifu (die "Gabe") bringen. Und feohgifu, die „ehrende Goldgabe“, ist genau das, was die königliche Schatulle enthält.
Das Magierbild steht nicht nur reiche Gaben, sondern auch - durch Madonna und Kind - für die noble Geburt. Bemerkenswert ist hier der Wasservogel anstelle eines Engels, vermutlich die Fylgja (spirituelle Begleiterin, Walküre) in ihrer Tiergestalt (vgl. Schwanenjungfrau). Auch der dritte Magier, der Myrrhe schenkt - ein Mittel für die Einbalsamierung der Toten - wird durch den Odinsknoten über seinem Rücken heidnisch umgedeutet.
Das Wielandbild zeigt und zitiert damit die Hilfe einer solchen Fylgja, die hier eine Flasche herbeibringt, - Bier, mit dem der albische Schmied die Königstochter willig macht. Durch diese Rache (Tötung der Söhne und Schwängerung der Tochter seines Peinigers, womit dessen Fortbestand endet) erlangt er seine Freiheit und damit die Fähigkeit zum Gestaltenwandel zurück. So kann er in Vogelgestalt (rechts)fortfliegen. Diese Details sind Kennzeichen des mythischen Goldschmiedes, der hier als Mehrer des Vermögens zitiert wird.
Die Inschrift setzt sich aus 72 Zeichen zusammen, was ohnehin als magische Zahl (3 × 24) verstanden wird, darüber hinaus aber hat sie - wenn man jeder Rune den Wert ihrer Position in der Runenreihe zumisst, den Runenwert 720. Nach diesem Muster verfährt der Schnitzer auch bei den anderen Inschriften und Darstellungen.
Die linke Seite zeigt Romulus und Remus mit (Wotans/Odins?) zwei Wölfen, statt der einen römischen Wölfin (Lupa).. Die Namensformen Romwalus und Reumwalus stehen in Bezug zu dem an. Wort valr („die auf dem Schlachtfeld liegenden Leichen“), und erhalten so einen Anklang an „Walküre“ und „Walhall“. Die R-Rune bezieht sich auf den „Ritt in die Schlacht“. Die vier Krieger suchen den Beistand der Zwillinge, die als Söhne des Mars auch Reise- und Schlachthelfer sind. Das Schicksal der vier Krieger läßt sich aus den Zweigrunen (hier die Wurzeln der Bäume) ablesen.
Die Rückseite zeigt den späteren römischen Kaiser Titus bei Sieg und Gericht über Jerusalem. Genau das, „Sieg und Gerechtigkeit“, bedeutet die T-Rune nach dem ags. Runengedicht. Die obere Leiste zeigt Sieger (rechts) und Besiegte (links), während die untere links eine Gerichtsszene (dom) und die so gewonnenen Geiseln (gisl) abbildet. Mit dem Sieg sind Ruhm und Ehre des Kriegers, Voraussetzung für seinen Einzug nach Walhall, gesichert.Bei den Tiersymbolen unter der Arkade wird es sich um die Pferde des Kriegsgottes Tyr/Tiw und um die Wölfe sowie Raben des Odin/Woden handeln. Der lateinische Teiltext (oben links) ist in Runen und Buchstaben gehalten, die im Kontext des integrierten Kalenders einen Meton-Zyklus darstellen, eine Periode, die sowohl 19 Sonnenjahre als auch 235 Mondmonate lang ist.
Die rechte Seite zitiert in Geheimschrift (Ersatz der Vokalrunen) den Tod auf dem Schlachtfeld und verspricht die Auferstehung des Gefallenen mit Hilfe seiner Walküre und Wotan/Odins Pferd Sleipnir. Das Motiv zeigen auch gotländische Bildsteine und das Gosforth Cross, wobei Odins valknut (Todesknoten) augenfällig ist. Das Unheil (Hagel) beschreibt die H-Rune. Die alliterierenden Runen A und E der zweiten Langzeile stehen für "Abwehr". Für die Errettung vom Schattenreich, d.h. für die Auferstehung nach Walhall steht die S-Rune, sol , mit der Bedeutung „Sonne, Licht, Leben“. Die Tituli beschreiben, wie der geschleuderte Zweig (risci) zum Holz/Speer (wudu) wird und als "Beißer" (bita) den Krieger tötet. Er unterliegt nicht dem Gegner, sonder er wird von seiner Walküre erwählt. Zwei Seelenführer (Psychopompoi) geleiten den Toten nach Walhall.
Der Deckel verbildlicht Ragnarök, den Kampf der Götter und Riesen um die Sonne, in dessen Folge die ganze Welt untergeht. Ein Bogenschütze Egil (hier Ægili) verteidigt den Götterpalast (nach der nordischen Mythologie Valaskjalf) gegen die Reif- oder Feuerriesen. Die Æ-Rune , mit der sein Name anlautet, drückt nach dem Ags. Runengedicht „wehrhaften Widerstand gegen zahlreiche Angreifer“ aus. Dabei geht es um den Jahreskreislauf im Sinne von Tod und Auferstehung der Sonne zur Wintersonnenwende (vgl. Sol Invictus). Der Name des Schützen könnte eine germanisierte Form des griechischen Achilles sein. Der antike Heros hatte bei dem Zentauren Cheiron, der oft für das Tierkreiszeichen "Schütze" (lat.Sagittarius) steht, unter anderem auch das Bogenschießen gelernt. 12 Punktmarken stehen für die 12 Monate des Sonnenjahres, zugleich geben sie die für die Jahreszeit typischen Sternbilder wieder. So beginnt das Jahr mit den drei Sternen des Oriongürtels. Die Sommermonate sind durch 5 (gut sichtbare) der 7 Plejadensterne gekennzeichnet, während 2 weitere Sterne bei dem unteren Schildträger für das Herbststernbild "Widder" stehen. Dem Zyklus von Tod und Auferstehung entspricht das Wintersternbild "Zwillinge", (lat. Gemini), mit den mythischen Dioskuren "Kastor und Pollux". Während mit Kastor das alte Jahr stirbt, beginnt mit Pollux das neue. Mit den beiden Riesen (links) und den zwei Punkten zwischen den Beinen des einen sind jene Dioskuren und deren Sternbild verbildlicht. Ihnen steht rechts mit dem Sommersternbild der "Schütze" (lat. Sagittarius) gegenüber. Mit diesen Kontrahenten sind die Sonnenwenden fixiert.
Die beiden Schildträger oben und unten kennzeichnen das Sternbild "Schild" (lat. Scutum), das die Tag-und-Nachtgleichen (Äquinoktien) in Frühling und Herbst kennzeichnet. Die Darstellung des Sternenhimmels hier erinnert an die Himmelsscheibe von Nebra, während die Verbildlichung im Relief des Mithras (Heidelberg-Neuenheim, 2. Jh.) eine Entsprechung hat.
Nach Cäsar (De bello Gallico) verehren die germanischen Stämme Sol, Luna und Vulcanus bzw. Sonne, Mond und Feuer. Diese Trias findet sich auf der Vorderseite mit Jesus (Sol Invictus), Maria (Luna) und Wieland der Schmied, der über das Feuer dem Vulcanus und über den Reichtum (feoh bzw. pecus/pecunia) dem Saturn entspricht. Nach Tacitus (Germania) werden auch Herkules (Þunor/Thor), Mars (Tiw/Tyr) und Merkur (Woden Wotan) verehrt, Diese Trias steht hinter den anderen Seiten des Kästchens, während dem Deckelbild die Mutter der Asen, Frigg (hier mit ihrem Spinnrocken) zugeordnet werden kann. Damit ergibt sich die Folge der Wochentage (vorne) Saturday, Sunday, Monday, (hinten) Tuesday, (rechts) Wednesday, (links) Thursday, (oben) Friday.
Die Zahl der Runen beträgt 288, was 12 x 24 entspricht. Die Summe der natürlichen Zahlen von 1 bis 24 beträgt 300. Die 24 Runen des futhark kann man dem Wert 300gleichsetzen, was dann über 12 x 300 zu dem Wert 3600 führt, der für 10 solare Jahre (je 360 Tage) steht. Der Runenwert aller Inschriften beträgt 3568, was man mit 10 lunaren Jahren (3540 Tage) + 1 Monat (28 Tage) gleichsetzen kann. Der überschießende Monat stellt den Fortgang der Zeit sicher. Das lateinische Textbruchstück (in Sprache und Schrift) auf der Rückseite stellt einen perfekten Meton-Zyklus (mit allen Schaltjahren in Runen) dar, der den solaren mit dem lunaren Kalender abgleicht.
Bei dem Franks Casket, das auch Motive und Techniken verwendet, die erst das Christentum vermittelte, ist jedes Element funktional. Damit erinnert es in seiner Absicht an die altenglischen Zaubersprüche (charms), während die christlichen Darstellungen auf Reliquiaren eher apotropäische Funktion haben, indem sie durch Bild und Text himmlischen Beistand - und mittels einer Reliquie - den Schutz und die Fürbitte des hier verehrten Heiligen zu sichern suchte.
Weitere Informationen unter: https://www.franks-casket.de/
Weiterführende Literatur
Alfred Becker: Franks Casket. Zu den Bildern und Inschriften des Runenkästchens von Auzon. (= Sprache und Literatur. Regensburger Arbeiten zur Anglistik und Amerikanistik. Band 5). Carl, Regensburg 1973, ISBN 3-418-00205-6.
Alfred Becker: Franks Casket Revisited. In: Asterisk. A Quarterly Journal of Historical English Studies. 12/2, 2003, S. 83–128.
Alfred Becker: The Virgin and the Vamp. In: Asterisk.A Quarterly Journal of Historical English Studies. 12/4, 2003, S. 201–209.
Alfred Becker: A Magic Spell „powered by“ a Lunisolar Calendar. In: Asterisk. A Quarterly Journal of Historical English Studies. 15, 2006, S. 55–73.
Alfred Becker: Franks Casket; Ein Schicksalszauber und der Lunisolarkalender. In: Andreas Zautner, Der gebundene Mondkalender der Germanen, bookra, Leipzig 2013, S. 176–187.
Alfred Becker: Franks Casket. Das Runenkästchen von Auzon. Magie in Bildern, Runen und Zahlen. Frank & Timme, Berlin 2021, ISBN 978-3-7329-0738-0.
Alfred Becker: The King's Gift Box: The Runic Casket of Auzon Witan Publishing, Troy, Al. 2023, ISBN 979-8-35424743-1