Heute vor 865 Jahren gab es ein für die europäische, für die deutsche, für die österreichische und für die bayerische Geschichte wichtiges Ereignis. So heißt es im Kalendereintrag der Wikipedia zum 8. September:
"1156: Kaiser Friedrich I. Barbarossa schlichtet auf dem Hoftag zu Regensburg den langjährigen Streit um das Herzogtum Bayern. Der Welfe Heinrich der Löwe erhält Bayern, der Babenberger Heinrich II. Jasomirgott das davon abgespaltene Herzogtum Österreich. Neun Tage danach wird hierüber die Urkunde Privilegium minus verfasst…"
Das klingt auf den ersten Blick nach einem Datum von vielen in der Geschichte des abendländischen Hochmittelalters. Tatsächlich aber lohnt ein näherer Blick – denn der 8. September 1156 kommt einer alles andere als unbedeutenden Weichenstellung gleich, genauer: einer folgenreichen Teilung.
Diese Teilung sollte zur Grundlage zweier in Europa entscheidend prägender Dynastien werden: Nach der Absetzung Heinrichs des Löwen 1180 wurde das Herzogtum Bayern dem bisherigen Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach übergeben, dessen Haus nicht nur Bayern bis zur Revolution 1918 vorstand, sondern auch dänische, schwedische, böhmische und griechische Könige stellte. Österreich hingegen ging nach Aussterben der Babenberger im 13. Jahrhundert an die Habsburger, die in einem der geschicktesten Fälle der Urkundenfälschung das Privileg Barbarossas erweiterten und durch das sogenannte Privilegium maius ihre Stellung im Reich festigten. Als es Wilhelm von Wattenbach 1852 gelang, diese Fälschung nachzuweisen, hatten die Habsburger bereits knapp sechs Jahrhunderte lang als Könige und Kaiser von Ungarn bis Mexiko maßgeblich die Geschicke Europas bestimmt.
Weniger um Teilung, sondern mehr um deren Überwindung geht es im Kölner Vortrag des Zeithistorikers und Direktors des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, Prof. Dr. Frank Bösch. 834 Jahre nach der Teilung Bayerns in Bayern und Österreich vereinigten sich die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik. Professor Bösch fragt in seinem Vortrag nach den langen Strängen des Transformationsprozesses von 1989/90, die er historisch bereits in den 1980er-Jahren verortet und sie so in eine Geschichte der langen Wende einreiht, die sich bis weit in die 1990er-Jahre fortsetzte. Territoriale und vor allem politische Transformationen in Europa – mal Teilung, mal Vereinigung – sind so gesehen integraler Bestandteil der Geschichte des Kontinents, ob nun 1989/90 oder 1156.
Abgesehen von dieser Erinnerung an den 8. September 1156 haben wir noch einen weiteren Anlass, auf die Ereignisse vor 865 Jahren in Regensburg zurückzublicken. Denn aus eben jener Stadt an der Donau in Bayern stammt unser neuer Kollege Konstantin Maier, der seit dem 1. September das Team der Öffentlichkeitsarbeit der Gerda Henkel Stiftung sowie die Redaktion des Wissenschaftsportals L.I.S.A. verstärkt. Dass er auch noch zu Friedrich I. Barbarossa forscht, ist nur eine kleine Koinzidenz mehr.
Mit herzlichen Grüßen aus der Malkastenstraße
Ihre L.I.S.A.Redaktion