L.I.S.A.: Für viele Online-Plattformen, die sich wissenschaftlichen Themen widmen und sie digital aufbereiten, gilt, dass Sie zwar gelesen werden, die aktive Beteiligung aber meist dahinter zurück bleibt. Woran liegt das?
Bönisch: Zunächst einmal muß man zwischen den verschiedenen Arten von Online-Plattformen unterscheiden, abhängig von ihrem statischen oder dynamischen Charakter bzw. dem Kommunikationsgrad, der ihnen innewohnt. Datenbanken werden eher rezipiert, als das mit ihnen kommuniziert wird ;-). Bei Blogs sieht es schon anders aus. Sie sind von Natur aus eher kommunikativ angelegt bzw. sollten es sein. Gleiches gilt für die übrigen Sozialen Netzwerke wie Twitter oder Facebook.
Aber das beantwortet noch nicht so recht die Frage. Meine Erfahrung nach wird im Netz kommuniziert – nicht immer direkt, oft auch indirekt. Viele Online-Präsenzen sind noch zu statisch angelegt. Zu wenig werden die Möglichkeiten des Social Webs genutzt. Es gibt immer noch zu wenige Wissenschaftler, die sich hier aktiv einbringen – leider. Als rühmliche Ausnahme, was alles möglich ist, möchte ich auf die Bloggerplattform Scilogs aufmerksam machen. Darüber hinaus gibt es auch exzellente Blogs einzelner Wissenschaftler, so wie das von Christian Spannagel.
Zwei Kritikpunkte werden mir dann in der Diskussion entgegen gebracht. Erstens: Social Media kostet Zeit und ist –zweitens – banal in seiner Kommunikationsfunktion. Hier entgegne ich immer: es ist als Wissenschaftler bereichernd, sich der Öffentlichkeit zu öffnen und zu kommunizieren. Man sieht vieles durch die Kommentare der Leser in einer anderen Perspektive. Außerdem empfinde ich Öffentlichkeitsarbeit als Pflichtaufgabe eines jeden Wissenschaftlers, da wir nicht aus Selbstzweck für uns forschen, sondern eingebettet in die uns finanzierende und fördernde Gesellschaft sind. Zur Zeitfrage kann ich nur antworten: man muß es ausprobieren, seinen Kanal angepaßt an das eigene Zeitbudget finden. Man muß nicht überall dabei sein.
Hinzu kommt nach meinem Empfinden und Erfahrungen aus Gesprächen noch eine gewisse Distanz von Wissenschaftlern, sich außerhalb tradierter Wissenschaftskommunikationsformen öffentlich zu äußern. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Ich denke, es ist vielfach auch eine Generationsfrage. Nachwuchswissenschaftler in 5 Jahren sind mit dem Social Web aufgewachsen. Sie kennen es, und werden es bestimmt auch für ihre Profession nutzen.
L.I.S.A.: Welche Resonanz erfahren Sie?
Bönisch: Viele meiner täglich über 150 Leser auf dem Blog lesen die Artikel, kommentieren sie jedoch nicht. Dennoch erfahre ich Resonanz auf anderen Wegen: sei es über meine übrigen Social Web Präsenzen (Diskussionen im Social Web verlaufen in der Regel nicht an einem Punk, sondern an vielen), persönlich per Mail oder in spontanen realen Treffen auf Tagungen oder Konferenzen. Hier höre ich oft nach Vorstellung meiner Person die Worte: „Ich kenne Sie. Ich lese regelmäßig Ihren Blog.“ Solches Kennenlernen bzw. Feedback meiner Leser freut besonders, weil sie spontan und direkt sind.