Am 28. Mai 1830 unterzeichnete US-Präsident Andrew Jackson den Indian Removal Act, den der Senat eine Monat zuvor beschlossen hatte. Das Gesetz sah vor, die innerhalb der Bundesstaaten lebenden Indianerstämme umzusiedeln bzw. auszuweisen. Sie sollten ihr Land gegen Gebiete westlich des Mississippi tauschen. Die Historikerin Dr. Claudia Haake, die derzeit Forschungsstipendiatin der Gerda Henkel Stiftung in Harvard ist, untersucht, wie die betroffenen Native Americans auf diese Politik der US-Administration reagiert haben.
"Briefe, die Indianer an die US-Regierung schrieben"
L.I.S.A.: Frau Dr. Haake, Sie forschen zu den sogenannten Native Americans. Worum geht es genau in Ihrem Projekt?
Dr. Haake: In ‘Our rights are dear to us’: Native American political representations in the age of removal, 1830-1887 (‚An unseren Rechten liegt uns viel‘: Indigene politische Repräsentationen in der Removal Ära) analysiere ich Briefe, die Indianer, im Englischen als Native American bezeichnet, an die US-Regierung schrieben, als diese sie unter dem Indian Removal Act von 1830 umzusiedeln suchte. Speziell schaue ich mir die Briefe der Cherokee, Seneca und Sioux an, denn im Gegensatz zu der stereotypen Darstellung, die Native Americans seien gewaltsam gegen die Versuche sie umzusiedeln vorgegangen, haben diese Stämme oft andere Lösungen gesucht.
Dabei untersuche ich nicht nur, was diese für Argumente in den Briefen benutzten, sondern auch, warum und wie. Ein gutes Beispiel ist wahrscheinlich, wie diese Stämme über ihre Rechte geredet haben. In der Regel wussten die Autoren der Briefe sehr genau Bescheid über ihre Rechte im Rahmen der US-Gesetze, beriefen sich in ihrer Korrespondenz aber auch auf ihre eigenen traditionellen Gesetze. Damit wollten sie, denke ich, der US-Regierung klarmachen, dass sie auch diese Gesetze respektieren sollte. Und das war wohl gar nicht so unrealistisch, wie das von heute betrachtet vielleicht klingt. Rechtshistoriker haben gezeigt, dass erst zwischen den 1820er und 40er Jahren ‚Settler Colonies‘ wie die USA und Australien sich die Rechtsprechung über indigene Gruppen innerhalb ihrer Grenzen angeeignet haben. Neben dem Diskurs über Rechte schaue ich mir auch Argumente über erreichte Zivilisationsgrade und indigene Traditionen und Gebräuche an. Da ist beispielsweise zu sehen, dass bei den Seneca Briefe oft wie wampum, Muschelgürtel, behandelt wurden, die bis ins 18. Jahrhundert hinein in der Diplomatie dort sehr wichtig gewesen waren.
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