Zahlreiche Konflikte prägten die Gesellschaft und Politik in der Bundesrepublik und der DDR nach 1945: Wie waren Wohnraum, Eigentum und Arbeitsplätze verteilt? Wer sollte zur „deutschen“ Gesellschaft dazugehören und wer nicht? Wer sollte auf welche Weise zur Verantwortung gezogen werden, wenn er sich während der NS-Zeit „belastet“ hatte? Diese Fragen durchdrangen den Alltag der Menschen ebenso wie die Entscheidungen in Behörden und Volksvertretungen – und jede Antwort war umstritten.
Diese Gründungskonflikte der beiden entstehenden deutschen Gesellschaften wurden vor dem Hintergrund der jungen Vergangenheit des NS-Staats und des beginnenden Kalten Krieges ausgetragen. Michael Schwartz, Historiker und Spezialist für die Geschichte nach 1945, zeigt in seinem Vortrag, wie diese Erfahrungen den innergesellschaftlichen Umgang mit den zahlreichen Herausforderungen beeinflussten. Er diskutiert die Lösungswege, die in Ost und West, in Diktatur und Demokratie in unterschiedliche Richtungen wiesen – und wie diese Entscheidungen noch die Gegenwart des wiedervereinigten Deutschland prägen.