In diesen Zeiten wird uns bewusst wie nie, wie wichtig soziale Kontakte und körperliche Nähe sind. Dass diese fehlen, bekommen insbesondere allein lebende Menschen deutlich zu spüren, und auch wenn die Kontakteinschränkungen der eigenen Sicherheit dienen, fällt es schwer, auf diese zwischenmenschlichen Begegnungen im Alltag zu verzichten. Doch auch für Familien und Paare, die sich körperlich nah sein können, ist diese Situation eine Belastungsprobe. Seit Wochen verbringen sie mehr Zeit miteinander als je zuvor, hinzu kommen die Verunsicherung wegen des Virus, Stress und Existenzangst, fehlende Freizeitbeschäftigungen oder gar ein fehlender Tagesrhythmus. Was es mit uns Menschen macht, wenn jegliche Struktur im Alltag wegbricht und Grundbedürfnisse zu kurz kommen, haben wir Diplom-Psychologin Simone Gmelch und Professor Marcel Schär im L.I.S.A.Interview gefragt.
"Nicht entmutigen lassen"
L.I.S.A.: Diplom-Psychologin Gmelch, Professor Schär, Sie arbeiten seit vielen Jahren in der Psycho- und Paartherapie und haben vor Kurzem das Buch "Liebe ist mehr, als wir denken" herausgebracht. Was hat Sie dazu bewegt, dieses Buch zu schreiben?
Prof. Schär: Die Idee für dieses Buch kam gar nicht von uns selbst. Der Springerverlag hatte uns angefragt, ob wir ein Buch für Laien schreiben könnten, nachdem ich vorher das Buch „Paarberatung und Paartherapie“ veröffentlicht hatte, das sich an Fachpersonen richtet. Wir fanden die Idee vor allem deswegen spannend, weil wir ja selber schon lange beides sind: ein Paar und gleichzeitig Fachpersonen. Wir wollten ein Buch schreiben, das nicht aus dem Elfenbeinturm kommt. Das ist auch der Grund, warum die Idee unseres Buches nicht ist, Ratschläge oder 5-Schritte Anleitungen mit Gelinggarantie zu geben. Das wird aus unserer Sicht der Komplexität von Partnerschaften nicht gerecht. Uns geht es mehr darum, eine Haltung zu beschreiben, die aus unserer Erfahrung hilft, dass wir uns von den vielfältigen Schwierigkeiten, die Partnerschaften und das Leben an uns stellen, nicht entmutigen zu lassen. Wir wollten Wege aufzeigen, wie wir trotz Herausforderungen, immer wieder neu aufeinander zugehen können.