Am 11. September 1973 putschte das Militär in Chile - bis zum 11. März 1990 sollte die daraufhin errichtete Militärdiktatur anhalten. In Peru wiederum begann ein zwanzig Jahre andauernder, bewaffneter Konflikt am 17. Mai 1980. Beide Ereignisse stehen gewissermaßen zu Beginn der Forschungen von Fabiola Arellano Cruz. Denn die Peruanerin beschäftigte sich in ihrer Promotion mit den Musealisierungsprozessen und der Aufarbeitung der jüngeren Geschichte Südamerikas. Wie steht die Aufarbeitung mit der jeweiligen Erinnerungspolitik und -kultur in Verbindung? Wie lassen sich die Aufarbeitungen der beiden Länder vergleichen? Im Interview haben wir die museale Kunstvermittlerin und Kunsthistorikerin außerdem nach der Darstellung von Gewalt, der Rolle von Emotionalisierungen sowie dem Quellenmaterial ihrer Untersuchungen gefragt.
"Persönliche Erfahrungen und Motivationen"
L.I.S.A.: Dr. Arellano Cruz, Sie sind Autorin des Buches „Politische Gewalt ausstellen“, das auf Ihrer Promotion zu nationalen Erinnerungsmuseen in Chile und Peru basiert. Woher rührt Ihr Interesse an dieser speziellen Thematik?
Dr. Arellano Cruz: Mein Interesse rührt aus persönlichen Erfahrungen und Motivationen her. Als Peruanerin und Teil der sogenannten „Transitionsgeneration“ war meine Kindheit von einer unsicheren Lage aufgrund der politischen Gewalt geprägt. Später erlebte ich die repressive und korrupte Regierung Alberto Fujimoris und meine Familie und ich gingen damals auf die Straßen, um seinen Rücktritt zu fordern. 2003 besuchte ich mit meiner Mutter die Fotoausstellung Para Recordar, die ich auch in meinem Buch erwähne. Diese Ausstellung, die von der Wahrheitskommission organisiert wurde, war meine erste visuelle Konfrontation mit den dramatischen Dimensionen des Konflikts und machte einen großen und nachhaltigen Eindruck auf mich. Für mein Studium bin ich nach Deutschland gekommen und interessierte mich sehr für Visual und Public History. Als ich erfuhr, dass die genannte Ausstellung in Lima Teil eines musealen Projekts wird, wollte ich mich weiter damit auseinandersetzen. Da ich die Möglichkeit hatte, im Rahmen eines Praktikums im Museo de la Memoria in Santiago, mehrere Erinnerungsorte in Chile zu besuchen, und mich mit der Thematik praktisch und theoretisch zu beschäftigen, entschied ich mich anhand beider Länder die museal vermittelter Erinnerungspolitik in der Region zu untersuchen.