Soziale Medien wie Facebook und Twitter, aber auch die Online-Präsenzen traditioneller Medien, wie Zeitungen, Magazine, Radio und Fernsehen, haben das klassische Sender-Empfänger-Prinzip aufgelöst. Wer etwas veröffentlicht, muss nahezu zeitgleich mit Reaktionen in Form von Kommentaren rechnen. Aber ist das wirklich neu? Haben beispielsweise Zeitungen nicht schon immer mit Leserbriefen zu tun, haben Radio- und TV-Sender nicht schon immer Hörer- oder Zuschauerpost empfangen? Wie sind Redaktionen noch zu analogen Zeiten mit Publikums-Feedback umgegangen? Was hat sich mit dem digitalen Wandel verändert - nur die Form der Mitteilung oder auch Ton und Inhalt? Wir haben diese und andere Fragen dem langjährigen Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, Franz Sommerfeld, gestellt.
"Eine eigenständige Kommunikation über Inhalte und Artikel"
L.I.S.A.: Herr Sommerfeld, Sie waren Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung und später des Kölner Stadt-Anzeigers. Sie kennen das Zeitungswesen noch aus der Zeit, als Zeitungen und Zeitschriften noch keine Kommentarspalten in ihren Online-Auftritten, noch keine Facebook-Präsenzen und noch keine Twitter-Profile hatten. War das aus redaktioneller Perspektive eine bessere oder einfachere Zeit für den Printjournalismus?
Sommerfeld: Was heisst "einfach"? Es mag bequemer gewesen sein, aber natürlich nicht besser. Mit dem Web hat sich - mehr noch auf Facebook als in den Kommentarspalten der Online-Auftritte von Zeitungen - eine eigenständige Kommunikation über Inhalte und Artikel entwickelt, die neue Erkenntnisse für Leser und Redaktionen bringt.
Ich nenne Ihnen ein praktisches Beispiel: Vor wenigen Wochen habe ich auf meinem Facebook-Account aus Anlass eines Interviews mit Ai Weiwei den Umgang von "Zeit" und "Tagesspiegel" mit dem chinesischen Künstler kritisiert. Daraus entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, an der sich die Interviewerin der "Zeit" beteiligte und ihr Vorgehen erklärte. Eine Dolmetscherin von Ai stellte die ungekürzten Fassung des Interviews zur Verfügung. Derlei wäre früher undenkbar gewesen. Der Tagesspiegel korrigierte auf seiner Website einen handwerklichen Fehler. Auch wenn die Teilnehmer in der Debatte überwiegend auf ihren Positionen beharrten, werden sie neue Erkenntnisse gewonnen haben.
Solche Debatten verlängern die Reichweite und vor allem die Wirksamkeit von Artikeln über das vertraute Papiermaß hinaus und bringen jeder Redaktion Gewinn, wenn sie damit ernsthaft umgeht.
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Kommentar
Stichwort "Oma-Sau-Lied" - Die Zeit der Gatekeeper ist vorbei und das ist gut so. Im ÖRR ist das leider noch nicht angekommen. Da sitzt man mit Millarden subventioniert auf den hohen Ross und jammert, wenn die eigene Meinung mal in Frage gestellt wird.
Ich denke auch da wird es knallen, wenn klar ist dass der ÖRR es nicht mal mehr schafft die Fußball-EM 2022 zu zeigen - und das bei 6 Millarden Zwangsgebühren.